Führich Ernst, NJW 2023, 809

I. Einleitung

1Der EuGH hat mit seiner ersten Entscheidung1 zur Durchführung von Pauschalreisen während der Corona-Pandemie die deutschen Reiseveranstalter aufgerüttelt.2 Die Presse3 sprach von einem „Hammerurteil“, erste Kommentare von einem „Paukenschlag“4 und einem „Unglückstag“ für Reiseveranstalter.5 Die Entscheidung des EuGH vom 12.1.2023 nach Vorlage durch das LG München I6 stellt mit Bindungswirkung für alle EU-Mitgliedstaaten fest, dass Kunden eines Reiseveranstalters auch dann eine verschuldensunabhängige Minderung des Reisepreises verlangen können, wenn gebuchte Pauschalreiseleistungen durch behördliche Einschränkungen nicht oder eingeschränkt erbracht werden können. Für die Vertragswidrigkeit spielt es auch keine Rolle, ob ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand einerPandemie vorliegt oder sich das „allgemeine Lebensrisiko“ des Reisenden auf der Reise verwirklicht. Der Spruch aus Luxemburg ist für das deutsche Pauschalreiserecht eine notwendige Klarstellung und europarechtlich eine Antwort auf die Frage, inwieweit öffentlich-rechtliche Schutzvorschriften auf einen privatrechtlichen Vertrag einwirken können.

II. Reisemangel als Vertragswidrigkeit

1. Vollharmonisierung

2Die frühere Pauschalreise-RL 19907 (PRL I) überließ die Details der Gewährleistungshaftung des Reiseveranstalters den Mitgliedstaaten, da nur Deutschland, Österreich und Dänemark eine verschuldensunabhängige Gewährleistung kannten.8 Mit der Neufassung durch die mit wenigen Ausnahmen vollharmonisierende Pauschalreise-RL 20159(PRL II) wurde …

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Amtliche Entscheidung: EuGH 12.1.2023, C-306721 – FTI

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