(14.8.2020) Urlauber mit Vorerkrankungen und aus der Risikogruppe sollten ihre Reisen nach Ansicht von Verbraucherschützern in der Corona-Pandemie kostenlos absagen können. „Jemand, der aufgrund seines Risikoempfindens oder einer gesundheitlichen Vorbelastung berechtigte Sorge hat, dass Mallorca zu einem Risikogebiet werden könnte, darf sich nicht durch Zahlungsaufforderungen verpflichtet fühlen, dort hinzufahren“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit endeten solche Fälle oft vor Gericht.
Eine Urlaubsreise etwa für den Herbst zu planen, sei angesichts der unberechenbaren Corona-Pandemie gerade schwierig. „Das bedeutet für den Verbraucher einen extrem hohen Informationsaufwand“, meinte Müller. Niemand wisse, ob ein Urlaubsland im Herbst oder Winter Risikogebiet sei oder nicht – und welche Bedingungen bei einer Rückkehr nach Deutschland herrschten. „Planungssicherheit sieht anders aus. Das müssen Verbraucher wissen und abschätzen“, sagte Müller.
Nach derzeitiger Rechtslage reicht die Angst vor einer Ansteckung nicht als Grund für eine kostenlose Stornierung aus. Am größten sind die Chancen bei einer Pauschalreise: Hier kommt es darauf an, ob das vertraglich zugesicherte Programm durchgeführt werden kann oder nicht. Sind Aktivitäten durch steigende Infektionszahlen plötzlich deutlich eingeschränkt, kann das ein Grund für eine Stornierung sein. Als starkes Indiz gilt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts.
Auch nach Ansicht von Prof. Führich ist eine Reisewarnung ein wichtiges, aber kein notwendiges Indiz für eine kostenfreie Stornierung einer Pauschalreise wegen einer Gefährdung der Reise durch Corona-Einschränkungen. Führich: „Eine fehlende Reisewarnung ist nach der bisherigen Rechtsprechung kein Grund, von vornherein eine Sicherheitsrisiko durch eine Corona-Infektion abzulehnen. Reisewarnungen sind schon immer auch Ausdruck wirtschaftlicher Interessen, politischer Rücksichtnahme, Sympathien oder davon abhängig, wenn für das Zielgebiet eine starke Reiseintensität festzustellen war.“ Viele Gerichte und der BGH haben bestätigt, dass auch dann eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise angenommen werden kann, wenn eine Reise z. B. in eine Risikoland mit unzumutbaren persönlichen Sicherheitsrisiken für den Reisenden als Risikoperson belastet ist. Hierzu zählt auch das erhebliche Risiko für Leib und Leben mit Covid-19 bei dieser Pandemie infiziert zu werden. Führich: „Ich bin mir sicher, dass Gerichte künftig im Zweifel für den Reisenden und sein Sicherheitsinteresse entscheiden!“