(21.10.2019) Kunden des Reiseveranstalters sind bei dessen Insolvenz durch die gesetzliche Insolvenzsicherung und den Sicherungsschein grundsätzlich geschützt. Insoweit auf den Beitrag von Prof. Führich zur Insolvenzsicherung des Reiseveranstalters verwiesen. Dieser Schutz erscheint jedoch bei Insolvenz eines Großveranstalters wie Thomas Cook zu gering, da der Höchstbetrag von 110 Mio. € möglicherweise nicht ausreicht, um alle Geschädigten Reisenden zu schützen.
Leistungsbegrenzung auf Höchstbetrag
Zur Begrenzung des Risikos des Absicherers der Insolvenzsicherung des Reiseveranstalters durch eine Rückversicherung kann der Absicherer – meistens eine Versicherung – seine Haftung für die von ihm in einem Geschäftsjahr insgesamt zu erstattenden Beträge auf 110 Mio. € pro Absicherer für Reiseverträge der bei ihm abgesicherten Reiseveranstalter begrenzen (§ 651r III 3 BGB). Die Haftungsbegrenzung gilt nicht kraft Gesetzes, sondern erfordert eine Beschränkung im Vertrag zwischen dem Absicherer und dem Veranstalter und muss dem Reisenden im Sicherungsschein dokumentiert werden (Anlage 18 zu Art. 252 I BGB). Ist also der Deckungsbetrag durch eine Großinsolvenz oder mehrere Insolvenzen bei dem Absicherer aufgebraucht, kann der Höchstbetrag des nächsten Geschäftsjahrs nicht für offene Rückforderungen alter Insolvenzen herangezogen werden. Der Höchstbetrag des neuen Geschäftsjahres ist für Insolvenzen dieses neuen Jahres „reserviert“.
Umfang der Haftungsbegrenzung auf Reisepreis
Die Deckelung aus 110 Mio. € bezieht sich nur auf die vom Absicherer nach diesem Gesetz zu „erstattenden Beträge“ (§ 651r III 3 BGB). Nach § 651r I sind dem betroffenen Reisenden zu erstatten: der gezahlte Reisepreis, soweit diese wegen Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters ausfallen und Zahlungen an die Leistungserbringer für erbrachte Reiseleistungen (Hotel, Fluggesellschaft).
Soweit der Absicherer seiner Pflicht nach § 651r I 2 BGB nachgekommen ist, die vereinbarte Rückbeförderung und Beherbergung bis zur Rückreise sicherzustellen, muss dies für den Reisenden kostenfrei erfolgen. Daher gilt die Haftungsbegreunzung aus 110 Mio. € nicht für die Sicherstellung der Rückbeförderung und die Beherbergung bis zur Rückreise. Die Deckelung gilt nur für die zu „erstattenden Beträge“.
Das Gesetz geht davon aus, dass der Absicherer seine Haftung für alle bei ihm versicherten Reiseveranstalter und ihren Reisenden mit Vertragsschlüssen in diesem Geschäftsjahr mit dem Höchstbetrag decken kann. Davon haben alle Absicherer Gebrauch gemacht und sich nicht höher abgesichert.
Unverzügliche Rückzahlung
Verlangt der Reisende eine Erstattung des Reisepreises oder von Zahlungen auf die Rückreise nach § 651r I BGB, hat der Absicherer den Anspruch grundsätzlich unverzüglich zu erfüllen (§ 651r III 2 BGB).
Überschreiten des Höchstbetrages und Rückforderung
Problematisch wird dieser Höchstbetrag bei der Pleite eines Großveranstalters. Sollte der Betrag von 110 Mio. € im Geschäftsjahr für Reiseverträge seiner Reisenden überschritten werden, lässt § 651r III 4 BGB es zu, dass der Absicherer den Erstattungsbetrag an den betroffenen Reisenden in dem Verhältnis kürzt, in dem der Gesamtbetrag zum Höchstbetrag von 110 Mio. € sieht. Erst nach Ablauf des Geschäftsjahres kann aber geprüft werden, ob 110 Mio. € pro Absicherer überschritten werden.
Sollten die Forderungen gegenüber der Versicherung beispielsweise mit 220 Millionen Euro doppelt so hoch sein, gäbe es für jeden Kunden nur die Hälfte seines geltend gemachten Erstattungsanspruchs zurück.
Damit ist es zulässig und möglich, dass der Absicherer mit der Erstattung erst nach Ablauf des Geschäftsjahres beginnt bzw. einen zuviel gezahlten Betrag vom Reisenden nach Ablauf des Geschäftsjahres zurückfordert. Der Höchstbetrag bezieht sich auf den Absicherer pro Geschäftsjahr vom 1.11. bis 31.10. Es also nicht so, wie manchmal behauptet wird, dass der Betrag pro Reiseveranstalter gilt. Eine solche Rückforderung setzt allerdings einen Vorbehalt im Sicherungsschein voraus (Amtliches Muster der Anlage 18 zu Art. 252 I EGBGB).
Staatshaftung wegen wegen Verstoß gegen Pauschalreiserichtlinie?
Die Haftungsbegrenzung auf den Höchstbetrag war bereits nach der alten Pauschalreiserichtlinie nicht richtlinienkonform (§ 651k aF BGB), da die alte Richtlinie keine Höchstbeträge zuließ (EuGH, 16.1.2014, C-430/13 – Baradics). Auch das überwiegende Schrifttum hielt diese Begrenzung für unionswidrig (vgl. Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 16 Rn. 22). Der EuGH zog daher in der österreichischen Rechtssache Rechberger eine Staatshaftung in Betracht, wenn ein insolvenzgeschädigter Reisender einen Ausfallschaden erleidet. Allerdings setze eine Staatshaftung einen qualifizierten Verstoß voraus, also eine offenkundige und erhebliche Überschreitung des Spielraums des nationalen Gesetzgebers (EuGH,C-140/97, NJW 1999, 3181).
Grundsätzlich fordert die neue Richtlinie einen wirksamen Insolvenzschutz, der einen ausreichenden hohen Prozentsatz des Veranstalterumsatzes aufweisen muss (Erwägungsgrund 40 S. 3). Hierzu nennt der Erwägungsgrund 40 eindeutige Faktoren wie den Veranstalterumsatz, die Art der Pauschalreisen, Anzahlungen oder das Reiseziel. Gleichwohl lässt die deutsche Regelung in § 651r BGB weiterhin diese Haftungsbegrenzung auf einen pauschalen Höchstbetrag von 110 Mio. € für alle Reiseveranstalter eines Absicherers zu.
Der deutsche Gesetzgeber beruft sich bei seinem pauschalen Höchstbetrag auf Art. 17 II der PRL wonach nur „die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Kosten abgedeckt sein“ müssen. So lässt die neue PRL ausnahmsweise auch in Erwägungsgrund 40 S. 6 eine Beschränkung der garantierten Erstattung zu, wenn unwahrscheinliche Risiken eintreten wie beispielsweise die gleichzeitige Insolvenz mehrer Großveranstalter. wenn damit der Insolvenzschutz unverhältnismäßig teuer würde (Erwägungsgrund 40 S. 5). Daher hat der deutsche Gesetzgeber die starre Deckelung auf 110 Mio. € für alle Reisenden eines Absicherers als ausreichend angesehen, da der höchste Versicherungsschaden mit der Hetzel-Insolvenz mit 25 Mio. DM entschädigt werden konnte.
Diese starre Grenze erscheint im Lichte eines Großschadens bei mehreren gleichzeitigen Insolvenzen eines Großveranstalters mit mehreren Töchtern als Reiseveranstalter, die alle bei einem einzigen Absicherer versichert sind, nicht mehr richtlinienkonform.
Die Pauschalreiserichtlinie fordert in Art. 17 II vom deutschen Gesetzgeber, dass die nationale Sicherheit wirksam sein muss und die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Kosten abdecken muss. Der Erwägungsgrund 40 der Richtlinie geht zudem davon aus, dass der Schutz durch einen wirksamen Insolvenzschutz einen ausreichend hohen Prozentsatz des Veranstalterumsatzes aufweisen muss. Diesen Anforderungen genügt eine Deckelung auf 110 Mio. € bei einem Absicherer für alle bei ihm gesicherten Reiseveranstalter eines großen Veranstalterkonzerns nicht mehr. Seit Jahren verändert sich die Marktstruktur des deutschen Veranstaltermarktes hin zu einem Oligopol von drei Großveranstaltern TUI Group, Rewe Group und Thomas Cook Group mit mehr als 45 % des Jahresumsatzes (Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 1 Rn. 3). Da auch die Zahl der Absicherer in Deutschland mit einer handvoll Anbietern in den letzten Jahren stark geschrumpft ist, gibt es auch keinen wirtschaftlichen Wettbewerb unter den Absicherern (Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 16 Rn. 18).
Dem deutschen Gesetzgeber ist daher dringend zu raten, das System der freiwilligen Absicherung über Versicherungen hin zu einem Garantiefonds wie in anderen EU-Staaten zu reformieren!
Sollte ein insolvenzgeschädigter Reisender einen Ausfallschaden erleiden, weil der Höchstbetrag von 110 Mio. € nicht ausreicht, stellt sich die Frage einer möglichen Staatshaftung wegen unzureichender Umsetzung der neuen Pauschalreiserichtlinie. Ob dem Gesetzgeber allerdings ein ein sog. qualifizierter Verstoß vorgeworfen werden kann, müssten letztlich Gerichte und der EuGH klären. Besser wäre es eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden und eine freiwillige Übernahme möglicher Ausfallschäden durch die Bundesregierung zu Man sollte nicht nur Airlines in der Insolvenz mit Krediten retten, sondern auch unverschuldet nicht abgesicherte Reisekunden von Reiseveranstaltern!
Quelle: Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 12 Rn. 23
Thomas-Cook-Insolvenz
Zurich beziffert Cook-Schaden auf 287 Mio. Euro
Der Absicherer Zurich wird geschädigten Thomas-Cook-Kunden 17,5 Prozent ihrer Ansprüch erstatten. Wenige Stunden zuvor hattte der Bund erklärt, für den nicht abgesicherten Rest einzuspringen.
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Jetzt heißt es erst mal abwarten, bis der betroffene Reisende Zahlungen durch den Absicherer Zurich erhalten hat. Eine Klage zum jetzigen Zeitpunkt ist sicher noch nicht angebracht. Gleichwohl können sich Betroffene schon an einen auf Reiserecht spezialisierten Rechtsanwalt wie RA Holger Hopperdietzel in Wiesbaden wenden. Seine Kommunikationsdaten sind im Internet zu finden.
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Sehr geehrter Herr Führich, wenn der VZBV eine Musterfeststellungsklage gegen Zurich erhebt und die Klage käme bis vor den EUGH und wäre dort erfolgreich, wie lange ist dann die Verjährungsfrist für Geschädigte? Ich gehe dann davon aus, das jeder Geschädigte nach dem Urteil die Versicherung beim zuständigen Gericht seines Wohnortes verklagen muß?
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Hallo Robert, ich glaube das entweder bis Ende des Jahres eine Zusage der Bundesregierung über die Erstattung der Differenz an alle Pauschalreisende der Thomas Cook Pleite erfolgt, oder falls dies nicht der Fall ist, eine Klage vor dem Landgericht Berlin durch mehrere Anwälte und einen Rechtsdienstleister auf Haftung des Staates erfolgen wird. Denke du und wir, die noch keinen Anwalt beauftragt haben, können noch warten, da die Verjährung glaube ich in dieser Sache 3 Jahre beträgt.
Gruss Lisa
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Fragwürdig ist dann das Vorgehen, dass auch bei einer abgesagten Reise nach 4 Wochen noch der Restbetrag lastgebucht wird. Jeder kleine Handwerker bekommt sein Geld nicht, wenn er keine Leistung erbringt. Dann weiß man im Vorher schon, dass die Versicherung für die Rückzahlungen der Ausfälle nicht ausreicht und bucht dann trotzdem ab. Das geht eigentlich gar nicht!
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Ganz wichtig ist Folgendes:
Die Deckelung auf 110 Mio. € bezieht sich nur auf die vom Absicherer nach diesem Gesetz zu „erstattenden Beträge“ (§ 651r III 3 BGB). Nach § 651r I sind dem betroffenen Reisenden zu erstatten: der gezahlte Reisepreis, soweit diese wegen Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters ausfallen und Zahlungen an die Leistungserbringer für erbrachte Reiseleistungen (Hotel, Fluggesellschaft).
Soweit der Absicherer seiner zusätzlichen Pflicht nach § 651r I 2 BGB nachgekommen ist, die vereinbarte Rückbeförderung und Beherbergung bis zur Rückreise sicherzustellen, muss dies für den Reisenden kostenfrei erfolgen!
Daher gilt die Haftunggrenze von 110 Mio. € nicht für die Sicherstellung der Rückbeförderung und die Beherbergung bis zur Rückreise. Die Deckelung gilt nur für die zu „erstattenden Beträge“.
Kunden die solche Kosten der Rückreise und des Hotelaufenthalts haben, können also auf eine VOLLSTÄNDIGE Zahlung durch den Absicherer rechnen. Wenn der Absicherer dies anders sieht, werden die Gerichte am Wohnsitz des Kunden entscheiden. Da es sich um eine Versicherungssache handelt, kann der Kunde an seinem Wohnsitzgericht gegen den Schweizer Absicherer klagen.
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Hier dazu ein kleiner Auszug aus dem Artikel vom Stern:
Obwohl Art. 7 der ersten RL über Pauschalreisen (90/314/EWG) –PR-RL I- ohne Ausnahme keine Höchstbeträge zuließ, normierte der deutsche Gesetzgeber damals dennoch die bis heute geltende Obergrenze von 110 Millionen. Politiker, Verbraucherverbände und Reiserechtler machten seither wiederholt darauf aufmerksam, dass der Höchstbetrag (jetzt in § 651 r Abs. 3 BGB) von 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr (vom 1.11. bis 31.10.) deutlich angehoben werden muss und zwar auf mindestens 250 Millionen Euro. Hochrechnungen des Verbandes unabhängiger selbstständiger Reisebüros (VUSR) zufolge wären vermutlich sogar 300 bis 400 Millionen Euro nötig. Denn dass 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr bei der Pleite eines Branchenschwergewichts wie jetzt Thomas Cook ausreichen, wurde vielfach bezweifelt. Zu Recht wie sich jetzt zeigt:
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin rechnete jüngst zur Thomas Cook-Pleite vor: Wenn 140.000 Urlauber gestrandet sind und der Rückflug pro Person 500 Euro kosten würde, dann wären schon 70 Millionen von den 110 Millionen Euro weg. Hinzu kommen dann noch die Ansprüche Hunderttausender Kunden, die ihre Reise abbrechen mussten und deshalb einen Teil des Reisepreises zurückbekommen. Andere haben an ihre Hotels vor Ort noch zusätzliche Zahlungen leisten müssen, weil diese von Thomas Cook keine Zahlungen erhalten haben.
Auch solche Zwangszahlungen sind im Reiseinsolvenzschutz mitversichert. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 651 r Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach hat der Veranstalter für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit neben dem gezahlten Reisepreis außerdem abzusichern, dass dem Reisenden vom Insolvenzversicherer Zahlungen erstattet werden, die der Urlauber durch Zahlungsaufforderungen der Leistungsträger des Veranstalters wie Hotels, Mietwagenfirmen usw. an diese leisten muss. Denn solche Zahlungen sind eine Folge der Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters, der die Entgeltansprüche seiner Leistungsträger nicht mehr erfüllen kann. Betroffene Urlauber sollten sich solche Zahlungen auf jeden Fall vom Hotel schriftlich bestätigen lassen. Auch Adressen von Mitreisenden, die solche Zwangszahlungen bestätigen können, sind hilfreich.
Hinzugerechnet werden müssen auch Ansprüche jener Urlauber, die ihre Reise noch gar nicht angetreten haben, den Reisepreis aber bereits vollständig bezahlt oder eine Anzahlung geleistet haben. Es ist daher mehr als wahrscheinlich, dass viele Thomas Cook-Urlauber auf einem großen Teil ihrer Kosten sitzen bleiben werden.
Insolvenzschutz im Falle erhöhten Risikos
Der Nachfolgerechtsakt, die RL (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25.11.2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (PR-RL II), dagegen fordert zwar in Erwägungsgrund 39, dass Reisende vor der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang zu schützen sind, räumt jedoch den EU-Mitgliedsstaaten diesbezüglich einen Gestaltungsspielraum ein. So spricht der Wortlaut des Erwägungsgrundes 40 dafür, dass ein Haftungshöchstbetrag zulässig ist (so auch Staudinger in RRa 2015, 281).
Dennoch, bezüglich der PR-RL I rügte der EuGH in der Rechtssache Rechberger (NJW 1999, 3181; bestätigt durch EuGH am 16.1.2014, C-430/13, BeckRS 2014, 80245), eine unzureichende Umsetzung der RL bei der damaligen österreichischen Risikobegrenzung von 5 Prozent des Umsatzes eines Veranstalters im Quartal des Vorjahres. Daher kommt durchaus eine Staatshaftung wegen unzureichender Umsetzung der RL in Betracht, wenn Reisende aufgrund der Haftungsbegrenzung nur anteilig entschädigt werden.
Eine derartige am Umsatz des Veranstalters orientierte Insolvenzsicherung führt Erwägungsgrund 40 der PR-RL II zwar auf. Dennoch heißt es dort: „Die erforderliche Abdeckung kann zwar anhand der aktuellen Geschäftszahlen wie etwa des Umsatzes im vorhergehenden Geschäftsjahr berechnet werden, doch sollten die Veranstalter verpflichtet werden, den Insolvenzschutz im Falle eines erhöhten Risikos einschließlich eines erheblichen Anstiegs des Verkaufs von Pauschalreisen anzupassen.“
Anspruch auf Staatshaftung
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH müssen die Vorschriften einer Richtlinie von den Mitgliedsstaaten in der Weise umgesetzt werden, dass sie verbindlich und konkret, bestimmt und klar sind und dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügen (EuGH, NJW 1996, 3141). Eine solche starre Haftungsbegrenzung erscheint aber bei einem Großschaden wie den gleichzeitigen Insolvenzen eines Großveranstalters mit mehreren Töchtern als Reiseveranstalter, die alle bei einem einzigen Absicherer versichert sind, nicht mehr richtlinienkonform.
Der Anspruch auf Staatshaftung kann vor den deutschen Gerichten geltend gemacht werden. Dieses kann dann den europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen, um zu klären, ob die Bundesrepublik Deutschland gegen europäisches Recht verstoßen hat. Ist dies der Fall, wird das im Ergebnis zu berechtigten Schadenersatzansprüchen des einzelnen Thomas Cook Kunden führen. Besser wäre es sicherlich, der Bund würde die bereits geforderte freiwillige Übernahme der Ausfallschäden erklären.
[…]
„Der Gerichtshof hat darüber hinaus befunden, dass eine nationale Regelung die Verpflichtungen aus dieser Bestimmung nur dann ordnungsgemäß umsetzt, wenn sie unabhängig von ihren Modalitäten bewirkt, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters für die Fluggäste die Erstattung aller von ihnen gezahlten Beträge tatsächlich sichergestellt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 1999, Rechberger u. a., C-140/97, EU:C:1999:306, Rn. 64, sowie Beschluss vom 16. Januar 2014, Baradics u. a., C-430/13, EU:C:2014:32, Rn. 38).
Andernfalls verfügt, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, der betroffene Reisende jedenfalls über die Möglichkeit, eine Klage gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersatz des Schadens zu erheben, der ihm durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2010, Fuß, C-429/09, EU:C:2010:717, Rn. 45 bis 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).“ EuGH, 10.07.2019 – C-163/18, Rn. 42 und 43
Die Grünen fordern Höchstbetrag von 300 Millionen Euro
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Tja… damit bleiben die Urlauber eben NICHT auf ihrem Schaden sitzen sondern jetzt muss die Bundesregierung zahlen, ob sie will oder nicht. Sonst gibt’s erneut Schelle vom EUGH.
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Außerdem:
der Bundesrat hatte schon vorher vor einer zu niedrigen Versicherung gewarnt laut anwalt.de:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/staatshaftung-neckermann-bucher-oeger-tours-bundesrat-hatte-vor-zu-niedriger-versicherung-gewarnt_160071.html
Tja… das ist Pech fuer die Bundesregierung. Weil sie die EU-Richtlinie nicht konform umgesetzt hat, ist sie jetzt diejenige die haftet. Tja.. ich sage an die Urlauber: holt euch eure Cash. *unverschämt breit grins*
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Dass der Staat großen Reiseveranstaltern bzw. deren Gästen finanziell helfen soll, kleinen Reiseveranstaltern und deren Gästen aber in der Vergangenheit nicht geholfen hat, ist m.E. kein schlüssiges, gerechtes oder nachvollziehbares Konzept. Besser wäre ein Fonds der Reisebranche z.B. mit „Gegengeschäften“ wie Nutzung von Kundendaten, Adressdatenbanken (mit Zustimmung der Gäste selbstverständlich, denen geholfen werden soll…).
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