Vorlagefrage in der

Rechtssache C-299/22

(2022/C 311/05)

Verfahrenssprache: Litauisch

Amtsblatt der EU vom 16. 8. 2022

1. Muss eine amtliche Reisewarnung der Behörden des Abreise- und/oder Ankunftsstaats, von nicht notwendigen Reisen abzusehen, und/oder eine Einstufung des Bestimmungslands (bzw. evtl. auch des Abreiselands) als Risikogebiet vorliegen, um davon ausgehen zu können, dass am Bestimmungsort oder in seiner unmittelbaren Umgebung unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2015/2302 (1) aufgetreten sind?

2. Sind bei der Beurteilung, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts von einem Pauschalreisevertrag am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände bestehen und ob sie die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen, i) nur objektive Umstände zu berücksichtigen, d. h. eine erhebliche Auswirkung auf die Durchführung der Pauschalreise, die sich nur auf die objektive Unmöglichkeit bezieht, und ist sie so auszulegen, dass sie nur Fälle erfasst, in denen die Durchführung des Vertrags sowohl physisch als auch rechtlich unmöglich wird, oder erfasst sie gleichwohl auch Fälle, in denen die Durchführung des Vertrags zwar nicht unmöglich ist, aber (im vorliegenden Fall wegen der begründeten Befürchtung einer Infektion mit COVID-19) verkompliziert und/oder unwirtschaftlich wird (im Hinblick auf die Sicherheit der Reisenden, die Gefährdung ihrer Gesundheit und/oder ihres Lebens, die Möglichkeit, die Ziele der Urlaubsreise zu erreichen), oder sind ii) subjektive Faktoren von Bedeutung, wie beispielsweise ob die Reise von Erwachsenen mit Kindern unter 14 Jahren unternommen wird, oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit erhöhtem Risiko aufgrund des Alters oder Gesundheitszustands des Reisenden, usw.? Ist der Reisende berechtigt, vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, wenn aufgrund der Pandemie und damit zusammen- hängender Umstände nach Ansicht eines durchschnittlichen Reisenden die Reise zum und vom Bestimmungsort unsicher wird, für den Reisenden zu Unannehmlichkeiten oder zu einer begründeten Befürchtung eines Risikos für die Gesundheit oder einer Infektion mit einem gefährlichen Virus führt?

3. Hat die Tatsache, dass die vom Reisenden geltend gemachten Umstände bereits eingetreten waren oder sie zumindest bereits angenommen wurden/wahrscheinlich waren, als die Reise gebucht wurde, in irgendeiner Weise Einfluss auf das Recht, ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Vertrag zurückzutreten (z. B. wenn dieses Recht nicht gewährt wird, wenn strengere Kriterien für die Beurteilung der Wirksamkeit der nachteiligen Auswirkung auf die Durchführung der Pauschalreise angewendet werden, usw.)? Ist bei der Anwendung des Kriteriums der hinreichenden Vorhersehbarkeit im Kontext der Pandemie zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pauschalreisevertrags zwar die WHO bereits Informationen über die Ausbreitung des Virus veröffentlicht hatte, der Verlauf und die Folgen der Pandemie jedoch schwer vorhersehbar waren, dass es keine klaren Maßnahmen zur Steuerung und Beherrschung der Infektion und keine hinreichenden Angaben über die Infektion selbst gab, und dass das sich verstärkende Fortschreiten von Infektionen vom Zeitpunkt der Buchung der Reise bis zum Rücktritt offenkundig war?

4. Erfasst bei der Beurteilung, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Pauschalreisevertrag unvermeidbare, außer- gewöhnliche Umstände am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe bestehen und ob sie die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen, der Begriff „Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe“ nur den Ankunftsstaat oder, unter Berücksichtigung der Art des unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstands, nämlich einer ansteckenden Virusinfektion, auch den Abreisestaat sowie Orte, die mit dem Beginn der Reise und mit der Rückreise verbunden sind (Orte, an denen ein Transfer stattfindet, bestimmte Transportmittel, usw.)?

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