img_9946Dieser Winter bringt für viele Urlauber und Reisende nicht nur Freuden im Schnee. Heuer versinken manchen Hotels und Skigebiete im Schnee. Unfälle auf der Piste führen zu Rechtsstreitigkeiten oder enttäuschte Urlauber verklagen die Gastgeber oder Reiseveranstalter auf Schadensersatz. Prof. Dr. Führich, gibt Tipps rund um Schneerisiken im Skiurlaub.

Keine Haftung für Schneeverhältnisse

Witterungsbedingte Mängel in der Umgebung des Reiseziels führen grundsätzlich nicht zu einem Reisemangel. Jeder Reisende weiß, dass Schneemangel zur Unbenutzbarkeit von Skipisten oder Loipen führen kann. Auch muss bei risikoreichen Wetterlagen mit Lawinenabgängen und entsprechenden Folgen für die Freizeitgestaltung und die Anreise gerechnet werden. Deshalb sind solche natürlichen Einflüsse auf den Verlauf einer Reise dem „Allgemeinen Lebensrisiko“ des Reisenden zuzurechnen. Ansprüche des Reisenden gegen den gebuchten Hotelier oder den Reiseveranstalter bestehen nicht und zwar weder auf Minderung des Reisepreises noch auf einen verschuldensabhängigen Schadensersatz wegen nutzloser Aufwendungen oder vertaner Urlaubszeit. Das normale Schneerisiko trägt der Reisende.

Wegerisiko trägt der Reisende

Kommt der Reisende wegen Staus oder ausgefallenen ÖPNV zu spät oder nicht zur Arbeit, trägt er nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts sein persönliches Wegrisiko. Der Arbeitnehmer muss also bei einem rigorosen Arbeitgeber mit einer Lohnkürzung rechnen.

Keine höhere Gewalt

Fehlender oder zuviel Schnee kann auch nicht als höhere Gewalt – oder wie es im neuen Reiserecht heißt – als außergewöhnlicher, unvermeidbarer Umstand angesehen werden. Eine Reiserücktrittsversicherung übernimmt nicht die oft hohen Stornokosten des Urlaubers. Die eingeschränkte Tauglichkeit der Umgebung eines Feriengebiets zum Skifahren stellt keinen Mangel dar und begründet keine Mängelrechte gegen ein Hotel oder eine Bergbahn.

Skiunfall grundsätzlich Lebensrisiko

Auch ein Skiunfall stellt sich als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos dar, für das der Veranstalter nicht haftet, hat das Oberlandesgericht Celle
entschieden (11 U 70/01). Auch für Lawinen wird daher grundsätzlich außerhalb eines organisierten Skigebiets nicht gehaftet, außer dem Reiseveranstalter und seinen Skiführern kann eine Pflichtverletzung bei der Tourenführung zu Last gelegt werden (Oberlandesgericht München, 8 U 2053/01).

Mein Hotel ist nicht erreichbar

Wer übers Internet oder direkt gebucht hat, trägt das Risiko für die Anreise selbst, muss also selbst sehen wie er das Hotel erreicht. Ausgefallene Züge oder ein Stau reichen nicht als Stornierungsgrund. Ausnahme ist der Katastrophenfall, den der Kunde aber nachweisen muss. Ist also zum Beispiel die einzige Zufahrtsstraße wegen Lawinengefahr oder umgestürzter Bäume gesperrt, dann bekommt der Urlauber sein bezahltes Geld zu 100 Prozent zurück – ohne Stornokosten oder Bearbeitungskosten, da ein Fall der objektiv nicht erreichbaren Unterkunft vorliegt.

Lawinengefahr

Bei einer Schneekatastrophe, Lawinengefahr  oder Straßensperre  sind außergewöhnliche, unvermeidbare Umstände anzunehmen. In der Regel kann ein Urlauber dann seine Reise dann beim Hotelier oder seinem Reiseveranstalter kostenfrei stornieren, da eine extreme Gefährdung von Personen oder der Reisedurchführung vorliegt. Daher hat das Amtsgericht Herne entschieden, dass bei Lawinengefahr der höchsten Stufe 5 die Reise vom Urlauber kurzfristig und ohne Stornokosten gekündigt werden kann (Az: 2 C 175/99).

Lawine deckt Hotel ab: Reisemangel

Wenn das gebuchte Hotel oder die Zufahrt (z. B. nach Lech) in einem Gebiet liegt, das konkret durch Lawinen beeinträchtigt ist, liegt ein verschuldensunabhängiger Reisemangel vor; nicht aber, wenn sich die Gefährdung lediglich auf die weitere Umgebung des Urlaubsortes auswirkt, mögen dadurch auch die Möglichkeiten der Urlaubsgestaltung eingeschränkt sein. Der Reisende kann bei Minderleistungen den Reisepreis mindern oder den Vertrag kündigen. Ein Schadensersatzanspruch für Folgeschäden wie höhere Rückreisekosten oder Mehrkosten eines anderen Hotels steht ihm aber nicht zu, da dieser ein Verschulden des Hoteliers oder seines Reiseveranstalters voraussetzt.

Urlauber ist eingeschneit

Viele Urlauber sind in den vergangenen Tagen eingeschneit worden. Der Hotelgast muss Mehrkosten eines Zwangsaufenthalts selbst bezahlen, auch wenn er nichts für den Zwangsaufenthalt kann. Juristisch gesehen bereichert sich der Gast durch den längeren Aufenthalt, das heißt, alles was er konsumiert und in Anspruch nimmt, muss er auch bezahlen. Vereinbart ein Gast mit dem Hotel etwas anders, hat diese individuelle Vereinbarung jedoch Vorrang. Liegt eine Pauschalreise mit eingeschlossener Rückbeförderung vor und ist wegen des Schneechaos die Rückreise vom Urlaubsort nicht wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände möglich, stellt sich der Urlauber nach dem neuen Reiserecht bei Buchungen ab dem 1. 7. 2018 besser als früher. Der Reiseveranstalter hat jetzt die Kosten für die weitere Beherbergung für höchstens drei Nächte in einer gleichwertigen Unterkunft zu tragen und höhere Rückreisekosten für den anderen Rückreisetag.

Bergbahnen stehen still

Der Gast hat ja nicht die Umgebung und die schöne Bergwelt mit ihren Pisten gebucht, sondern nur das Hotel oder das Veranstalterpaket mit seinen Leistungen. Es ist also nicht das Risiko des Hoteliers, wenn es stark regnet oder stark schneit und deswegen die Bergbahnen nicht in Betrieb sind. Der Gast kann in diesem Fall also nicht kostenlos sein Hotel stornieren oder eine Preisminderung verlangen.

Schneegarantie

Ein Mangel kann auch dann vorliegen, wenn der Veranstalter in seiner Reiseausschreibung unzutreffende Angaben macht. Wenn der Reiseveranstalter eine Schneegarantie verspricht, liegt eine zugesicherte Eigenschaft der Reise vor. Diese Zusage muss der Veranstalter auch ohne wenn und aber einhalten, wenn die Lifte und Seilbahnen nicht laufen (Amtsgericht Münster, 59 C 2377/03). Schneesicher heißt aber nicht, dass eine längere Anfahrt mit dem Pkw oder dem Skibus bis zur Piste unzumutbar ist. So sprach das Landgericht Frankfurt/M einer Familie eine teilweise Erstattung des Reisepreises zu, weil ihr Wintersportort in der Schweiz mehr als 500 Meter niedriger lag als im Prospekt zugesagt und daher eine schlechte Schneelage hatte (Az: 2/24 S 480/89). Ich rate bei einer Schneegarantie genau in den Prospekt und in die Geschäftsbedingungen zu schauen, da der Veranstalter die Konditionen der Zusicherung durch eine solche freiwillige Garantie festlegen kann.

Berliner Zeitung: Kann ich mein Hotel stornieren
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Süddeutsche Zeitung

Literatur zum Thema:

Führich, Reiserecht, 7. Auflage 2015, Mängel- und Minderungsübersicht, Skireisen oder Führich, Basiswissen Reiserecht, 4. Auflage 2018, Beherbergungsrecht

Diese Hinweise können unter namentlicher Nennung der Quelle
http://www.reiserechtfuehrich.com
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