Bei touristische Urlaubsreisen innerhalb Deutschlands müssen Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen im Herbst mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Die Länder beschlossen am Mittwoch, dass solche Reisenden nur dann in Hotels, Pensionen, Jugendunterkünften beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test haben (Freitestung). Diese Rechtslage der Infektionsschutzverordnngen der Länder gilt nicht nur für gebuchte Hotelübernachtungen, sondern auch für Ferienwohnungen und Ferienhäusern von gewerblichen oder privaten Vermietern.
Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Ausgenommen von der Regelung sind ausdrücklich Familienbesuche, Geschäftsreisende und Pendelverkehre zu beruflichen Zwecken. Leider ist die Regelung nicht bundeseinheitlich und schafft mit einem Flickenteppich bei den Gastgebern und Urlaubern große Verwirrung. Nachfolgend die Rechtsmeinung von Prof. Führich zu diesen strittigen Fragen.
Grundsätzlich sind Stornokosten fällig
Grundsätzlich muss ein Gast bei seiner persönlichen Verhinderung an der Nutzung der Unterkunft die vertraglich vereinbarten Stornokosten der gebuchten Unterkunft nach dem Beherbergungsrecht des § 557 BGB zahlen. Maßgeblich ist die bei der Buchung vereinbarte Stornoregelung. Diese Zahlungspflicht besteht auch bei unverschuldeter persönlicher Verhinderung wie Krankheit, da eine COVID-Erkrankung zu seinem persönlichen Risikobereich gehört.
Wurde bei der Buchung keine Stornoregelung vereinbart, gilt im deutschen Beherbergungsrecht trotzdem die gewohnheitsrechtliche Verkehrssitte, dass je nach Behergungsleistung folgende Stornosätze vom vereinbarten oder betriebsüblichen Preis verlangt werden können: 90% bei Übernachtung, 80% bei Übernachtung mit Frühstück, 70% bei Halbpension und 40% bei Vollpension (Führich in Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 47 Rn. 47).
Ausnahme: Objektive Unmöglichkeit der Nichtbenutzung
Gleichgültig was vereinbart ist, muss dann keine Stornoentschädigung bezahlt werden, wenn objektive Umstände die Benutzung der Unterkunft verhindern und damit eine sog. „rechtliche Unmöglichkeit der Leistung“ vorliegt (§§ 275, 326 BGB). Kein Zimmerpreis bzw. keine Stornokosten können daher bei einem behördlichen Beherbergungsverbot aufgrund des Infektionsschutzgesetzes bei einer PANDEMIE verlangt werden.
Behördliche Infektionschutzmassnahmen sind weder ein Risiko des Gastes noch des Wirts, sondern höhere Gewalt. Daher muss der Gast als Vertragspartner freigestellt werden und eine bereits gezahlte Anzahlung voll ohne Abzug von Bearbeitungsgebühren zurückgezahlt werden. Mit der fehlenden Leistungspflicht des Betriebs, entfällt auch die Zahlungspflicht des Gastes (Führich in Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 47 Rn. 50).
Differenzierung nach getesteten Gästen ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig
Nach den neuen landesrechtlichen Regelungen soll keine allgemeine Betriebsuntersagung gelten, sondern nur ein Beherbergungsverbot für solche Gäste, die keine ärztliche Freitestung bei der Anreise vorlegen.
Meiner Meinung nach verstößt diese Differenzierung gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der virologischen Erforderlichkeit.
Kann ein Gast keinen Negativtest vorlegen, sei es, weil keine Testkapazitäten kurz vor dem Urlaub zur Verfügung stehen oder weil die kostenpflichtige Testung für die fünfköpfige Familie einfach zu teuer ist, kann man diese Urlauber nicht allein oder überwiegend verantwortlich machen für die Nichtbenutzung der Unterkunft und von diesen Gästen dann eine Stornoentschädigung verlangen (§ 326 II 1 BGB).
Auch ist zu bemängeln, dass betroffene Gäste und Gastgeber kurz vor Reisebeginn auf Grund des Wirrwarrs der unterschiedlichen Länderregelungen nicht erkennen können, ob das Beherbergungsverbot für sie überhaupt gilt. .
Letztlich haben die unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern nicht rational begründbare Folgen. Ein Bundesland führt das Beherbergungsverbot ein, andere bremsen und vollziehen die Landesverordnungen nicht. Wenn jemand aus einem Risikogebiet eine Woche in einem anderen Bundesland mit Freitestung urlaubt, ein anderer aus einem Risikogebiet des gleichen Bundeslands ohne Testung in einem anderen Bundesland übernachten darf, ist diese Ungleichbehandlung ist verfassungswidrig und zudem ein Verstoß gegen das Grundrecht der Freizügigkeit.
Ein Innerdeutsches Beherbergungsverbot erscheint auch virologisch nicht erforderlich. Medizinische Untersuchungen haben ergeben, dass Reisen im Inland einen sehr geringen Einfluss auf die Anzahl der Infektionen haben – über 90 Prozent stammen aus dem engen häuslichen Umfeld, der Arbeit oder von privaten Feiern.
RKI hält Beherbergungsverbot für hochgefährlich
Das Robert-Koch-Institut hat in seinem aktuellen Lagebericht das Beherbergungsverbot heftig kritisiert. „Der zusätzliche Testbedarf durch Urlauber nach Einführung des Beherbergungsverbots mit der Option zur ‚Freitestung‘ durch Vorlage eines negativen Testergebnisses hat die Situation weiter verschärft und es kam regional zu einem zusätzlich stark erhöhten Probeaufkommen“, heißt es dort.
Haben Hoteliers Anspruch auf Entschädigung vom Staat?
Wenn Beherbergungsunternehmen, letztlich auf ihren Stornokosten sitzen bleiben, stellt sich die Frage, ob sie einen Anspruch auf Entschädigung durch den Staat haben. Da es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu dieser Frage gibt und eine Staatshaftung letztlich nur greift, wenn der Staat bei seiner Infektionschutzregelung fahrlässig eine Pflichtverletzung begangen hat, sind die Chancen für eine Entschädigung nicht gut. Möglich ist jedoch eine freiwillige Entschädigung durch die Politik, wie es dies in Corona-Zeiten für manche Branchen schon gab.
Stand: 16. Oktober 2020
Ich habe eine Selbstversorgerhütte über einen Anbieter (Hüttenland) in Bayern gemietet.Es handelt sich also um eine Individualreise. Die Hütte wurde vom Anbieter wegen des Beherbergungsverbots storniert. Es werden keine Stornogebühren verlangt, der Anbieter berechnet aber eine Bearbeitungsgebühr, die etwas höher als 10% des Mietpreises ist. Frage: Ist die Berechnung einer Bearbeitungsgebühr rechtens und die Höhe? Vielen Dank.
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Hallo, auch ich habe das Problem, dass bei unserem Urlaub an der Ostsee wegen des Beherbergungsverbotes ein negativer Coronatest verlangt wird. Die Kosten sprengen das Budget. Bezahlt habe die Ferienwohnung noch nicht (Zahlung vor Ort wurde vereinbart). Allerdings besteht der Vermieter auf 90% des Reisepreises. Was soll ich tun?
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Versuchen sie zuerst eine gütliche Einigung mit einer Umbuchung auf das nächste Jahr.
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Das habe ich probiert. Dies wurde abgelehnt
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Dann würde ich einen Reiserechtsanwalt beauftragen wie
Spezialkanzlei für Reise- und Tourismusrecht
Gutenbergplatz 1 * 65187 Wiesbaden
Tel +49 611 991660 * Fax +49 611 9916633
http://www.advocatur.de * hh@advocatur.de
http://www.stornokosten.info
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Ich vertrete wie in meinem Beitrag dargestellt, die Rechtsauffassung, dass keine Stornokosten wegen Unzumutbarkeit verlangt werden können.
Dies ist auch Auffassung der Verbraucherzentralen.
Unzumutbar ist ein Festhalten am Vertrag, wenn die Kosten für den Test im Vergleich zu den Kosten für die Unterkunft unverhältnismäßig hoch sind. Diese Meinung betritt auch der bekannte Reiserechtsanwalt Degott aus Hannover. Da diese Rechtsfrage von den Gerichten noch nicht geklärt wurde, gebe ich den unverbindlichen Rat, nichts zu zahlen. Sollte die Gegenseite klagen, wäre ihr Gericht am Wohnsitz zuständig.
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Ich habe am 23.10. die Reise wegen dem Beherbergungsverbot mit der Begründung Corona und Behetberungsverbot storniert. (Reisetermin wäre der 24.10. gewesen). Am 24.10. habe ich morgens aus Zufall erfahren, dass am 23.10. nachmittags das Beherbetgungsverbot gekippt wurde. Ein Hinweis vom Vermieter ist nicht erfolgt. Wie verhalten ich mich jetzt am besten oder ist sind die Stornokosten somit rechtens? Viele Grüße Klaus Grosser
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Hallo Herr Prof. Führich,
ich habe jetzt das Problem, dass ich am Donnerstag 22.20. die Unterkunft wegen des Beherbergungsverbotes storniert habe. Als Grund habe ich Corona angeben. Am 24.10. (geplanter Reisetag) habe ich aus Zufalle rfharen, dass das Beherbergungsverbot auf gehoben wurde und zwar am Freitag, 23.10. nachmittags. Habe ich jetzt überhaupt noch Chancen meine Stornokosten zurückzubekommen? Wie sieht das rechtlich aus?
Viele Grüße
Klaus Grosser
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Entscheidend ist die Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Rücktrittserklärung, also am 22.10. Zu diesem Zeitpunkt war das Beherbergungsverbot mit der Testpflicht für sie unzumutbar und es lag rechtliche Unmöglichkeit der Beherbergungsleistung vor. Ich würde den Vermieter mit einer Frist von 14 Tagen ohne Beauftragung eines Anwalts abmahnen, die Anzahlung zurückzuzahlen. Wenn die Frist erfolglos abläuft, ist er in Schuldnerverzug nach § 286 BGB und muss grundsätzlich auch vorgerichtliche Anwaltskosten tragen. Dann erst den Anwalt beauftragen!
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Hallo Hr. Dr. Führich vielen Dank für die Auskunft. Wäre die Rückbuchung der Stornokosten anzuraten?
Viele Grüße
Klaus Grosser
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Hallo Herr Dr Führich, ist die Rückbuchung der Stornokosten auch eine Option?
Viele Grüße Klaus Grosser
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Ja, natürlich!
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Wie viele andere Mitbürger bin ich betroffen: wir haben uns auf den Urlaub an der Ostsee gefreut und einen Tag vorher, gegen Mittag erfahre ich, dass mein Landkreis zum Risikogeboet gehört.
Ich habe herumtelefoniert, aber ein Coronatest bis zum nächsten morgen zu kriegen, war nicht möglich – zumal die Tests das Budget gesprengt hätten!
Wie gehe ich vor – wie kriege ich meine Reisekosten erstattet? An wen soll ich mich wenden?
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Verlangen Sie einen gezahlten Reisepreis vom Beherbergungsunternehmen zurück. Wer war ihr Vertragspartner?
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Novasol ist der Reiseanbieter.
Das gebuchte Haus war Highend in Travemünde.
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