Auf die Beförderung mit einem Autoreisezug ist in der Regel Pauschalreiserecht nicht anwendbar, so dass bei einer Verspätung grundsätzlich nicht Schadensersatz für vertane Urlaubszeit oder eine Minderung des Reisepreises verlangt werden kann.

AG München, Urt. v. 4.11.2016 – 132 C 9692/16

Sachverhalt

Der Kläger buchte bei der Beklagten Reiseveranstalterin am 25.2.2015 für sich, seine Ehefrau und seine Tochter eine Fahrt mit dem Autoreisezug von Villach in Österreich nach Edirne in der Türkei hin und zurück. Der Preis betrug 1.710 Euro. Bei Vertragsschluss erfolgte ein Hinweis auf die Beförderungsbedingungen der Reiseveranstalterin. Dort ist unter Punkt 11c bestimmt:

„Bei unvorhersehbaren Ereignissen höherer Gewalt (Streik, Naturkatastrophen, Streckensperrung, behördliche Maßnahmen o. ä.) oder nicht zurechenbaren Handlungen Dritter (Einbruchsdiebstahl in Waggons und Fahrzeuge, Vandalismus, o. ä.) sind Ansprüche des Kunden auf Schadensersatz oder Rückzahlung des Fahrpreises gegen (die Reiseveranstalterin) ausgeschlossen.“

Während der Hinreise am 8.7.2015 wurden zahlreiche PKWs im Autoreisezug von unbekannten Tätern aufgebrochen und diverse Gegenstände entwendet. Als dies in den Morgenstunden des 9.7.2015 bemerkt wurde, wurde der Zug angehalten. Die Aufnahme der Diebstahlsdelikte durch die örtlich zuständige Polizei dauerte zwölf Stunden. Der Kläger begehrt von der Reiseveranstalterin eine Minderung des Preises um 50 Prozent, außerdem verlangt er 600 Euro wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vertrag um einen Reisevertrag handelt, da nicht nur die Beförderung von drei Personen per Zug geschuldet gewesen sei sondern auch eine Überführung des PKW des Klägers. Die Reiseveranstalterin verweigerte die Zahlung. Daraufhin erhob der Kläger Klage gegen die Reiseveranstalterin auf Zahlung von 1.455 Euro.

Entscheidungsgründe

Das AG München hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des AG handelt es sich bei dem Vertrag um keinen Reisevertrag. Eine Gesamtheit von Reiseleistungen liege hier nicht vor; Gegenstand des Vertrags war nur die Personen- und Sachbeförderung, aber gerade nicht ein über die Beförderung hinausgehender Erfolg, wie es eine Reise voraussetze. Bei reinen Beförderungsverträgen wie dem streitgegenständlichen fehle es am Charakter einer Veranstaltung, bei der der Unternehmer in eigener Verantwortung einen über die Beförderung hinausgehenden Gesamterfolg schulde. Es läge ein Beförderungsvertrag vor, der – soweit die Beförderung des PKW vereinbart war – frachtvertragliche Elemente aufweise.

Ein Anspruch auf Zahlung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit bestehe nicht. Denn es fehle an einer Vorschrift, die im Rahmen des Werk- und Frachtrechts einen Ersatz für immaterielle Schäden vorsehe. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, einen Anspruch wegen immaterieller Schäden nur im Ausnahmefall vorzusehen. Auch ein Anspruch auf Minderung des Beförderungsentgelts bestehe nicht. Die bloße Verspätung einer Werkleistung könne keinen Mangel begründen. Bei jeder Leistung, die nicht zum geschuldeten Zeitpunkt erbracht werde, liege zwar eine Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten vor; der Schuldner befinde sich aufgrund der Verspätung im Verzug. Jedoch könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verzug ohne Weiteres einen Mangel der Werkleistung begründe, da der Gesetzgeber eine eigenständige Regelung für die Frage des Mangels vorgesehen habe. Eine Verzögerung könne nur dann einen Mangel begründen, wenn der Leistungszeitpunkt eine Rolle spiele. Im Rahmen einer Beförderungsleistung sei dies regelmäßig nicht der Fall, da auch bei einer Verspätung die Beförderungsleistung nicht grundsätzlich schlechter werde.

Pressemitteilung des AG München Nr. 49 v. 30.6.2017