1. Ein Luftfahrtunternehmen, das Fluglinienverkehr betreibt, ist gemäß § 21 Abs. 2, S. 3 LuftVG unter der Geltung deutschen Rechts jedermann gegenüber verpflichtet, Beförderungsverträge abzuschließen und ihn im Rahmen des veröffentlichten Flugplanes zu befördern. Diese Pflicht steht aber unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Zumutbarkeit.
2. Es ist einem Luftfahrtunternehmen jedoch unzumutbar, einen Reisenden zu befördern, wenn es dadurch nach den Regeln seines Staates einen Gesetzesverstoß begehen würde und es deswegen oder die für es handelnden Personen damit rechnen müssten, bestraft zu werden. (n. rkr., Leitsätze der Redaktion RRa)
Landgericht Frankfurt a.M., Urteil v. 16.11.2017 (2-24 O 37/17)
Tatbestand
Der Kläger ist israelischer Staatsbürger und begehrt die Beförderung durch Flüge, die von der Beklagten durchgeführt werden sollen.
Der Kläger buchte am 04.06.2016 über das Online-Reiseportal Y.de eine private Urlaubsreise mit Hin- und Rückflug von Frankfurt a.M. nach Bangkok (Hinflug am 30.06.2016, Rückflug am 12.07.2016). Das Online-Reiseportal Y.de bestätigte die Buchung und übermittelte dem Kläger eine Buchungsnummer. Die Flugbeförderung umfasste einen Flug von Frankfurt a.M. nach Kuwait-Stadt und einen Weiterflug von Kuwait-Stadt nach Bangkok mit einem Aufenthalt in Kuwait-Stadt von 5 Stunden 5 Minuten. Der Flugpreis betrug 643,77 €. (…)
Der Kläger buchte darüber hinaus einen Hotelaufenthalt im Hotel „Ibis Bangkok Riverside“.
Die Buchung konnte in der IOS-App der Beklagten am 08.06.2016 ermittelt und aufgerufen werden. Der Kläger wollte am 14.06.2016 (erneut) die IOS-App der Beklagten nutzen. Dabei stellte er fest, dass die Eingabe der Staatsangehörigkeit des Staates „Israel“ nicht möglich war. Daraufhin wandte sich der Kläger per E-Mail vom 14.06.2016 an die Beklagte mit der Bitte, vegetarisches Essen vorzuhalten und seine Staatsangehörigkeit zu vermerken. Die Beklagte „stornierte“ daraufhin per E-Mail vom 14.06.2016 die Flüge.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.06.2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristset-zung zum 16.06.2016 erfolglos auf, die Flugdurchführung zu bestätigen.
Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Kläger die Beklagte zu seiner Beförderung von Frankfurt a.M. über Kuwait nach Bangkok verpflichten wollte, wies das LG Frankfurt a.M. zurück. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht ebenfalls zurück.
Mit der Klage begehrt der Klägerin weiterhin eine Beförderung durch die Beklagte von Frank-furt a.M. nach Bangkok und zurück, jeweils mit Transitaufenthalt in Kuwait City. Hilfsweise begehrt der Kläger eine angemessene Entschädigung in Geld. Einen weiteren Antrag auf Schadensersatz hat der Kläger zurückgenommen.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei zu seiner Beförderung von Frankfurt a.M. nach Bangkok und zurück jeweils mit Transitaufenthalt in Kuwait City gemäß dem geschlossenen Beförderungsvertrag verpflichtet. Die Beförderung müsse durch die Beklagte selbst ausge-führt werden. Sie sei der Beklagten nicht unzumutbar und könne auch nicht aus anderen Gründen verweigert werden. Die israelische Staatsangehörigkeit sei kein rechtfertigender Grund einer Beförderungsverweigerung.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, durch die Beförderungsverweigerung werde er diskrimi-niert.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf das vorgelegte Gesetz Nr. 21 aus 1964 des Staates Kuwait berufen. Dieses Gesetz dürfe auf den Beförderungsver-trag nicht angewendet werden, weil es gegen das Grundgesetz, die EMRK, das AGG, das Luftverkehrsgesetz und andere Rechtsvorschriften verstoße.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von mindestens 72 Stunden und einem Aufent-halt von mindestens zehn – bis maximal 28 – Tagen in Bangkok auf dem Streckennetz der Beklagten auf den Strecken Frankfurt (FRA) – Bangkok (BKK) (Hinflug) und Bangkok (BKK) – Frankfurt (FRA) (Rückflug) jeweils mit Transitaufenthalt in Kuwait City (KM) zu befördern;
hilfsweise,
an den Kläger eine billige Entschädigung in Geld, jedoch in Höhe von mindestens 15.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshän-gigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei trotz des geschlossenen Beförderungsvertrages von der Leistung frei, weil eine rechtliche Unmöglichkeit iSd. § 275 Abs. 1 BGB vorliege. Nach dem kuwaitischen Gesetz Nr. 21 des Jahres 1964 (Einheitsgesetz zum Israel-Boykott) sei es ihr untersagt, Vereinbarungen mit Personen zu schließen, die die israelische Staatsangehörigkeit besitzen. Verstöße gegen die Regelungen des Gesetzes würden mit Gefängnisstrafe, harter Gefängnisarbeit oder mit Geldstrafe bestraft. (…).
Die Beklagte ist der Ansicht, eine Diskriminierung i.S.d. Allgemeinen Gleichbehandlungsge-setzes liege nicht vor, denn das Gesetz Nr. 21 knüpfe nur an die Staatsangehörigkeit, nicht aber an die Religionszugehörigkeit oder die ethnische Rasse an. Ferner sei es israelischen Staatsangehörigen nicht erlaubt, nach Kuwait einzureisen.
Die Beklagte könne dem Kläger lediglich anbieten, ihn mit einer anderen Fluggesellschaft von Frankfurt a.M. nach Bangkok und zurück zu befördern, jedoch ohne einen Aufenthalt in Kuwait.
Die Akten des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 2-24 O 155/16 bzw. 16 W 43/16) sind beigezogen worden.
Die Klage ist der Beklagten am 10.4.2017 zugestellt worden. (…)
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Das angerufene Landgericht Frankfurt a.M. ist international zuständig.
Die Zuständigkeit folgt aus § 29 ZPO. Die Brüssel-Ia-VO ist auf den vorliegenden Rechts-streit nicht anwendbar, weil die Beklagte ihren Sitz nicht in der Europäischen Union hat. Zwar gibt der Kläger in seiner Klage als Anschrift der Beklagten eine Adresse in Frankfurt a.M.an. Allerdings handelt es sich bei der Beklagten um die staatliche Fluggesellschaft Kuwaits, die ihren Sitz in Kuwait-Stadt hat. Das ist gerichtsbekannt und auch im Internet veröffentlicht (…).
In Ermangelung weiterer internationaler Normen zur internationalen Zuständigkeit richtet sich diese vielmehr nach den nationalen Vorschriften des angerufenen Gerichts (vgl. Art. 6 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO).
Am Ort des angerufenen Gerichts liegt ein Erfüllungsort i.S.d. § 29 ZPO vor. Denn der Kläger begehrt von der Beklagten die Durchführung von Flügen, die in Frankfurt a.M. beginnen sol-len. Auch der Ankunftsort des Rückfluges liegt in Frankfurt a.M.
Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG. Der Streitwert übersteigt, insbesondere im Hinblick auf den Hilfsantrag, 5.000 €.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Beförderung im Streckennetz der Beklagten auf den Strecken Frankfurt (FRA) – Bangkok (BKK) (Hinflug) und Bangkok (BKK) – Frankfurt (FRA) (Rückflug) jeweils mit Transitaufenthalt in Kuwait City (KM) zu.
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist deutsches Recht anwendbar.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 Rom-I-VO ist in Ermangelung einer anderslautenden Rechtswahl das Recht des Staates anwendbar, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da der Kläger seinen Wohnsitz in Berlin führt, gilt deutsches Recht.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Beförderung gemäß § 631 BGB zu. Zwar haben die Par-teien einen Vertrag über die Beförderung des Klägers von Frankfurt a.M. nach Kuwait und von dort nach Bangkok und zurück geschlossen. Nach dem Vortrag beider Parteien erfolgte die Buchung durch den Kläger über das Internetportal Y.de, wobei das Internetportal als Vermittler der Willenserklärungen auf Abschluss eines Beförderungsvertrages auftrat. Durch die Buchungsbestätigung des Internetvermittlers hat die Beklagte das Angebot auf Ab-schluss eines Beförderungsvertrages angenommen. Durch Eingabe der Buchungsnummer war der Flug auch bei der Beklagten nachfolgend aufrufbar. Den Vertragsabschluss als sol-chen hat die Beklagte auch nicht bestritten.
Gleichwohl ist die Beklagte zur Erbringung der Beförderungsleistung nicht verpflichtet, weil der Anspruch auf Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. Es liegt ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor.
Rechtliche Unmöglichkeit ist gegeben, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2010 – Xa ZR 175/07, Rn. 23, NZG 2010, 310; BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 146/11, Rn. 33, BGHZ 195, 195-207). Im konkreten Fall einschlägig ist die 2. Alternative der Definition. Denn der Beklagten ist es verboten, die nach dem Vertrag geschuldete Leistung zu er-bringen.
Nach dem von der Beklagten vorgelegten Gesetz Nr. 21 des Jahres 1964 des Staates Ku-wait, dessen Existenz der Kläger nicht bestreitet, ist es juristischen Personen des Staates Kuwait untersagt, Vereinbarungen mit Personen zu schließen, die die israelische Staatsan-gehörigkeit besitzen (Art. 1 Satz 1 des Gesetzes). Die Beklagte unterfällt dieser Bestim-mung. Sie ist eine juristische Person des Staates Kuwait mit Sitz in Kuwait-Stadt. Auch der mit dem Kläger geschlossene Beförderungsvertrag unterfällt dieser Vorschrift. Denn unstreitig besitzt er die israelische Staatsangehörigkeit.
Unerheblich ist, dass dieses Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland nicht gültig ist und auf das Rechtsverhältnis der Parteien deutsches Recht anwendbar ist. Maßgeblich im Rahmen des Anwendungsbereichs des § 275 Abs. 1 BGB ist vielmehr, dass sich die Beklagte und die für sie handelnden Personen nach den Gesetzen ihres Staates strafbar machen würden, wären sie verpflichtet, die ihnen aus dem Beförderungsvertrag geschuldeten Leistungen zu erbringen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, Rn. 111, juris). Gemäß Art. 6 des Gesetzes Nr. 21 wird die Missachtung der Regelungen in Art. 1 mit Gefängnisstrafe, harter Gefängnisarbeit und mit Geldstrafe bestraft.
Es ist einer Vertragspartei auch im Rahmen der Geltung deutscher Gesetze nicht zumutbar, Leistungspflichten aus einem Vertrag zu erfüllen, wenn sie damit einen Gesetzesverstoß nach den Regeln des eigenen Staates begeht und sie deswegen damit rechnen muss, nach den Gesetzen des eigenen Staates bestraft zu werden (vgl. bei persönlichen Leistungspflichten § 275 Abs. 3 BGB).
Unerheblich ist ferner, dass sich die Beklagte durch die Vereinbarung einer Leistungsver-pflichtung, die sie nicht erfüllen kann, schadensersatzpflichtig (§§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB) gemacht haben kann. Schadensersatz statt der Leistung verlangt der Kläger nicht. Er be-gehrt Erfüllung, keinen Schadensersatz.
Eine Leistungspflicht der Beklagten folgt auch nicht aus § 21 Abs. 2, S. 3 LuftVG. Zwar be-treibt die Beklagte die Flugverbindungen von Frankfurt a.M. nach Kuwait im Rahmen ihres Linienverkehrs und wäre deswegen verpflichtet, gegenüber jedermann Beförderungsverträge abzuschließen und Personen im Rahmen des veröffentlichten Flugplanes zu befördern. Allerdings steht die Beförderungsverpflichtung unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Der Beklagten ist es jedoch unzumutbar, den Kläger zu befördern, wenn sie dadurch nach den Re-geln ihres Staates einen Gesetzesverstoß begehen würde und deswegen sie oder die für sie handelnden Personen damit rechnen müssten, bestraft zu werden.
Ob etwas anderes gelten müsste, wenn der Kläger, außer durch die Beförderung durch die Beklagte, nicht zu seinem gewünschten Zielort gelangen könnte, kann dahinstehen. Wie der Kläger mehrfach betont hat, beabsichtigt er eine Reise nach Bangkok, um in Thailand einen Hotelaufenthalt zu verbringen. Um an den Zielort Bangkok zu gelangen, ist er auf die Beförderung durch die Beklagte nicht angewiesen. Es gibt – gerichtsbekannt – zahlreiche Flugge-sellschaften, die sowohl Frankfurt a.M. als auch Bangkok anfliegen und die den Kläger von Frankfurt a.M. nach Bangkok befördern könnten.
Eine Beförderungspflicht der Beklagten folgt auch nicht aus dem Diskriminierungsverbot, aus der Anwendbarkeit der EMRK oder dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es verstößt auch nicht gegen den ordre publik (vgl. Art 21 Rom-I-VO), wenn im Anwendungsbereich des § 275 Abs. 1 BGB das Gesetz eines fremden Staates Beachtung findet. Es geht bei der Beurteilung einer rechtlichen Unmöglichkeit nicht darum, aus Sicht eines deutschen Gerichts zu beurteilen, ob das Gesetz eines fremden Staates – hier das Gesetz Nr. 21 des Jahres 1964 des Staates Kuwait– sinnvoll ist und ob es nach den Wertungen der deutschen und europäischen Rechtsordnung Bestand haben könnte. Entscheidend ist, dass die Beklagte und die für sie handelnden Personen der Rechtsordnung ihres Staates unterworfen sind und sie sich nach den Regeln ihres Staates gesetzeswidrig verhalten würden und sie ggf. mit Strafe rechnen müssen. Auch nach der Rechtsordnung von Deutschland kann ein Vertragspartner nicht zu einer Leistung verpflichtet werden, die für ihn einen Gesetzesverstoß bedeuten würde.
Es ist weiterhin auch nicht davon auszugehen, dass die Berücksichtigung des Gesetzes Nr. 24 des Staates Kuwait im Rahmen der rechtlichen Unmöglichkeit zu Ergebnissen führt, die im Sinne der deutschen Rechtsordnung zu unerträglichen Folgen führen würden. Es handelt sich nach dem Namen und dem Inhalt des Gesetzes um ein Boykottgesetz i.S. eines Embar-gos eines Staates gegenüber einem anderen Staat. Solche Regelungen in unterschiedlicher Ausprägung sind auch der deutschen Rechtsordnung nicht fremd (vgl. die Übersicht bei www.zoll.de/…/Aussenwirtsc…/Embargomassnahmen/Länderembargos).
Das Gesetz Nr. 21 beinhaltet – anders als der Kläger in seinem Schriftsatz vom 1.11.2017 zu suggerieren versucht – auch keine Regelungen über das Verhältnis von Mann und Frau oder über das Verhältnis zu Homosexuellen, Vegetariern oder Diabetiker, sondern es handelt sich um eine Regelung über vertragliche Beziehungen zu Personen einer anderen Staatsangehö-rigkeit, offensichtlich vor dem Hintergrund, dass der Staat Kuwait keine Verbindung – auch nicht privatrechtlicher Natur – zu Staatsangehörigen des Staates Israel wünscht und dies auch seinen Bürgern auferlegt.
Dass dieses Boykottgesetz den Kläger als israelischen Staatsangehörigen trifft, belastet ihn nicht in einer Weise, dass es für ihn unerträglich wäre. Um seinen Wunsch, Bangkok zu be-suchen, zu realisieren, hätte er ohne weiteres sich der Beförderungsleistung eines anderen Luftfahrtunternehmens bedienen können, die keinen Beschränkungen im nationalen Recht unterliegen. Eine Notwendigkeit, ausschließlich mit der Beklagten einen Luftbeförderungsver-trag schließen zu müssen, besteht für den Kläger nicht.
Soweit sich der Kläger auf § 7 AWV beruft, ist diese Vorschrift nicht auf die Beklagte an-wendbar. Sie ist keine Inländerin i.S. dieser Vorschrift.
Auch aus der Fluggastrechte-Verordnung (Verrordnung (EG) Nr. 261/2004) folgt keine Beförderungspflicht der Beklagten. Die Fluggastrechteverordnung beinhaltet Mindestrechte von Fluggästen im Falle der Nichtbeförderung, der Annullierung und der Verspätung. Eine Beförderungspflicht ergibt sich aus dieser Verordnung nicht. Die hierin geregelten Ansprüche macht der Kläger hingegen nicht geltend.
Der Klage kann auch nicht in einer Weise stattgegeben werden, die die Beklagte verpflichtet, den Kläger auf eine andere Weise von Frankfurt a.M. nach Bangkok und zurück, nämlich durch eine andere Fluggesellschaft und ohne Aufenthalt in Kuwait-Stadt, zu befördern. Eine solche Beförderung verlangt der Kläger nicht. Eine Beförderung dieser Art ist mithin kein Streitgegenstand.
Der Kläger hat ein solches Angebot der Beklagten, nämlich eine Beförderung durch eine andere Fluggesellschaft und ohne Zwischenlandung in Kuwait, ausdrücklich nicht angenommen. Wie aus seinen Schriftsätzen vom 25.10.2017 – 1.11.2017 und 9.11.2017 folgt, begehrt er die Durchführung der Beförderung von Frankfurt a.M. nach Bangkok durch die Beklagte persönlich, weil er der Auffassung ist, dass die Beklagte ihre Beförderungspflicht nur höchst-persönlich über den ursprünglich vorgesehenen Weg erfüllen könnte. Deswegen ist er auf ein Angebot der Beklagten, ihn direkt oder durch Zwischenstopp in einem anderen Staat durch eine andere Fluggesellschaft nach Bangkok zu befördern, nicht eingegangen. Deswegen sieht sich der Kläger auch nicht in der Lage, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Beförde-rungsangebot der Beklagten für erledigt zu erklären.
Grundsätzlich ist die klagende Partei für die Bestimmung des Streitgegenstandes verantwortlich. Gemäß § 308 Abs. 1 ZPO ist es dem Zivilgericht verwehrt, der klagenden Partei etwas zuzusprechen, was diese nicht beantragt hat.
Es bedarf mithin keiner Entscheidung darüber, ob ein Luftbeförderungsvertrag auch für die Fluggesellschaft von höchstpersönlicher Natur ist oder ob sie sich zur Erfüllung ihrer Beför-derungspflicht Erfüllungsgehilfen, insbesondere anderer Fluggesellschaften, bedienen darf. Es bedarf auch keiner Entscheidung darüber, ob eine Fluggesellschaft an die gebuchte Flug-abfolge gebunden ist oder ob sie den Fluggast statt einer Zwischenlandung auch nonstop vom Abflugsort zum Endziel durch Dritte befördern darf. Selbst wenn diese Fragen bejaht würden und dem Kläger eine Beförderung von Frankfurt a.M. nach Bangkok ermöglichen würden, ist das Gericht an einer solchen Verurteilung gehindert, weil sie vom Kläger nicht geltend gemacht wird.
Die Klage ist auch nicht wegen des Hilfsantrages begründet. Der Kläger kann von der Be-klagten nicht die Zahlung einer angemessenen Entschädigung gemäß § 21 Abs. 2 S. 3 AGG verlangen.
Ein Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot liegt nicht vor.
Gemäß § 19 Abs. 1 AGG ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der se-xuellen Identität, bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuld-verhältnisse unzulässig. Ein Verbot der Benachteiligung wegen der Staatsangehörigkeit sieht § 19 Abs. 1 AGG hingegen nicht vor.
Zwar kommt auch eine mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft oder we-gen der Religion i.S. von § 3 Abs. 2 AGG in Betracht, weil Angehörige eines bestimmten Staates typischerweise (wenn auch nicht zwingend) durch ihre Abstammung, ihren nationalen Ursprung und ihre Religion in diesem Staat geprägt sind (vgl. Staudinger/Christian Rolfs (2014) AGG § 19, Rn. 9).
Eine solche mittelbare Benachteiligung liegt aber im Fall des Klägers nicht vor. Die Beklagte verweigert dem Kläger die Beförderung, weil sie sich durch das Gesetz Nr. 21 des Staates ihres Sitzes gehindert sieht. Dieses Gesetz verbietet vertragliche Beziehungen zu Personen allein wegen ihrer Staatsangehörigkeit. Religion oder ethnische Herkunft sind dafür ohne Bedeutung. Insofern spielt es für das Gesetz keine Rolle, ob die israelischen Staatsangehö-rigen jüdischen, christlichen oder sonstigen Glaubens sind.
Das Gesetz hindert demgegenüber auch nicht den Abschluss von Verträgen mit anderen Staatsangehörigen, auch wenn sie jüdischen Glaubens wären. Insofern fragt die Beklagte lediglich nach der Staatsangehörigkeit, nicht aber nach einer Zugehörigkeit zu einer Religion. Gleiches gilt für eine ethnische Herkunft oder Rasse. Auch darauf stellt das Gesetz Nr. 21 aus 1964 nicht ab.
Insofern sieht das Gericht keinen Anlass für eine Entschädigung. Auch für ein Schmerzens-geld ist mangels der in § 253 Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen kein Raum.
Schadensersatz begehrt der Kläger nicht mehr, nachdem er den Hilfsantrag zu b. zurückgenommen hat.
(…)
(Mitgeteilt von Prof. Dr. Ronald Schmid)
Presseerklärung von Prof. Dr. Ernst Führich
Als einer der führenden Reiserechtler Deutschlands bin ich erschüttert über das Kuwait Airways-Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M vom 16.11.2017 (2-24 O 37/17). Ein deutsches Gericht rechtfertigt die Nichtbeförderung eines in Deutschland wohnenden israelischen Staatsbürgers durch Kuwait Airways bei der Buchung eines Flugs und beachtet nicht von Amts wegen den ordre public-Vorbehalt des deutschen und europäischen Rechts.
Das Urteil berücksichtigt bei der Abwägung der unterschiedlichen Interessen nicht, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson ist und die Grundfreiheiten des Grundgesetzes, der EU-Grundrechts-Charta und die Menschenrechte der EMRK zum ordre public zählen. Art. 6 EGBGB und Art. 21 der Rom I-VO fordert als ordre public von jedem deutschen Gericht: „Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist.“
Die Anwendung des Boykottgesetz Kuwaits gegen Israel durch ein deutsches Gericht darf nicht dazu führen, dass in Deutschland ein israelischer Staatsbürger allein aufgrund seiner Nationalität einen Flug nicht buchen kann und damit diskriminiert wird. Nach Art. 3 I des Grundgesetzes sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich! Es ist zu hoffen, dass das nicht rechtskräftige Urteil in der nächsten Instanz korrigiert wird.