1. Für die Minderung kommt es nicht darauf an, ob der Reiseveranstalter für die Einschränkungen des Hotelbetriebs verantwortlich ist oder nicht. Voraussetzung ist lediglich das Vorhandensein eines Mangels, selbst höhere Gewalt steht der Minderung nicht entgegen (BGH NJW 1983, 33).
2. Coronabedingte Reisemängel müssen über das Ausmaß typischer Alltagsbeeinträchtigungen, die ohne Minderung als Unannehmlichkeiten hinzunehmen sind, hinausgehen. Sie stellen dann keine Realisierung eines allgemeinen Lebensrisikos dar. Die Höhe der Minderung ist zu bemessen nach der Relation zwischen dem vorgesehenen Nutzen der Reise als Erholungsurlaub und der Beeinträchtigung dieses Nutzens. Dabei ergibt sich eine Beeinträchtigung ohne weiteres selbst ohne Beschränkungen des Hotelbetriebs allein aus den Abstandsgeboten und Hygienemaßnahmen.
3. Es ist typischerweise Inhalt des Urlaubs, frei mit anderen Gästen in Kontakt treten zu können und nicht andere Menschen meiden zu müssen. Bereits die Notwendigkeit, andere Menschen im Urlaub vorrangig nicht mehr als mögliche Kommunikationspartner anzusehen zu haben, sondern sie auf die Möglichkeit ihrer Infektiosität reduzieren zu müssen und daher unter Hintanstellung menschlicher Grundbedürfnisse Kontaktreduzierung zu betreiben, stellt eine erhebliche psychische Beeinträchtigung dar, die die Erholungswirkung eines Urlaubs regelmäßig beeinträchtigen wird.
4. Dabei spielt es keine Rolle, dass entsprechende Beschränkungen in gewissem Umfang auch im Alltag im Heimatland zur selben Zeit bestanden haben, weil es sich hierbei nicht um eine Urlaubsituation gehandelt hätte. Ein Urlaub ist typischerweise ein Zeitraum der Unbeschwertheit, sowohl was den Ablauf des Alltags, als auch die ungezwungene Kontaktmöglichkeit mit anderen Gästen angeht. Wird man hingegen im Urlaub durch allgegenwärtige Hygienemaßnahmen praktisch vom Zeitpunkt des Aufstehens bis zum Zeitpunkt des Schlafengehens ständig daran erinnert, dass ein normaler Alltag den Menschen nicht einmal mehr im Urlaub gewährt ist, liegt hierin offensichtlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Urlaubs, die bereits für sich genommen eine Minderung rechtfertigt.
Amtsgericht Düsseldorf, Urt. vom 26.2.2021 – 37 C 414/20
Aus den Entscheidungsgründen
Die vierköpfige Familie hatte im vergangenen Juli für rund 4.700 Euro einen zweiwöchigen Urlaub in Portugal gebucht. In der Beschreibung des Vier-Sterne-Hotels war von Hallenbad, Whirlpool, Fitnessraum und Spielplatz die Rede. Doch diese Einrichtungen waren wegen behördlich angeordneter Corona-Hygienemaßnahmen geschlossen. Der Außenpool war nur nach Reservierung jeweils für einen halben Tag benutzbar, und dann nur für 15 Personen. In den separaten Kinderpool durfte nur ein Kind, im Anschluss wurde der Pool dann desinfiziert. „Ferner konnte das Essen nicht in Form eines Buffets serviert werden, sondern es durfte sich im Raum der 2-mal täglichen Essensausgabe jeweils nur eine Familie aufhalten“, klagten die Urlauber. Dadurch sei es zu Wartezeiten bei der Essensausgabe von durchschnittlich 45 Minuten gekommen.
Für diese Einschränkungen forderte die Familie eine Erstattung von 20 Prozent des Reisepreises und erhielt vor dem Amtsgericht Düsseldorf Recht. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Reiseveranstalter für die Einschränkungen im Hotel verantwortlich sei. Die beanstandeten Punkte gingen „über das Ausmaß typischer Alltagsbeeinträchtigungen, die ohne Minderung hinzunehmen sind, hinaus“, so das Gericht.
Problematischer für Reiseveranstalter könnte die generelle Haltung des Gerichts zu Einschränkungen wegen Corona-Maßnahmen werden. So heißt es in der Urteilsbegründung:
„Es ist typischerweise Inhalt des Urlaubs, frei mit anderen Gästen in Kontakt treten zu können und nicht andere Menschen meiden zu müssen. Bereits die Notwendigkeit, andere Menschen im Urlaub vorrangig nicht mehr als mögliche Kommunikationspartner anzusehen zu haben, sondern sie auf die Möglichkeit ihrer Infektiosität reduzieren zu müssen und daher unter Hintanstellung menschlicher Grundbedürfnisse Kontaktreduzierung zu betreiben, stellt eine erhebliche psychische Beeinträchtigung dar, die die Erholungswirkung eines Urlaubs regelmäßig beeinträchtigen wird…
…Ein Urlaub ist typischerweise ein Zeitraum der Unbeschwertheit, sowohl was den Ablauf des Alltags, als auch die ungezwungene Kontaktmöglichkeit mit anderen Gästen angeht. Wird man hingegen im Urlaub durch allgegenwärtige Hygienemaßnahmen praktisch vom Zeitpunkt des Aufstehens bis zum Zeitpunkt des Schlafengehens ständig daran erinnert, dass ein normaler Alltag den Menschen nicht einmal mehr im Urlaub gewährt ist, liegt hierin offensichtlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Urlaubs, die bereits für sich genommen eine Minderung rechtfertigt.“
Quelle: reisevor9.de