(3.9.2020) Wegen der gestiegenen Zahl von Corona-Neuinfektionen wurden die Kanarischen Inseln als Risikogebiet eingestuft. Das Auswärtige Amt dehnt die Spanien-Reisewarnung auf die Inseln aus. Erste Veranstalter sagen Reisen ab (FVW).
Das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am Mittwoch eine aktualisierte Liste der betroffenen Länder und Regionen. Zentrales Kriterium für die deutsche Einstufung als Risikogebiet ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat.
Auf den Kanaren sind es bereits 95,71. Die Inselgruppe vor der Westküste Afrikas war die letzte Region Spaniens, die noch nicht als Risikogebiet galt.
Das Auswärtige Amt hat deshalb nach Veröffentlichung der RKI-Einstufung am Mittwoch die Reisewarnung auf die Kanarischen Inseln ausgedehnt. Vor Reisen in den Rest Spaniens samt der Ferieninsel Mallorca warnt das Auswärtige Amt bereits seit Mitte August.
Für die spanische Wirtschaft ist diese Einstufung ein schwerer Schlag. Allerdings war die Saison auch bisher katastrophal für die Tourismusbranche, die in normalen Zeiten mehr als zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beiträgt und etwa 2,5 Mio. Menschen Arbeit bietet.
Tourismus steht für gut ein Drittel des BIP
Auf den Kanaren macht der Anteil des Tourismus am BIP sogar rund 35 Prozent aus – keine andere Region Spaniens ist so sehr vom Reisegeschäft abhängig. 2019 wurden die Inseln von etwa 2,65 Mio. Touristen aus Deutschland besucht. Damit lagen die Deutschen deutlich hinter den Briten (knapp fünf Millionen), aber klar vor den Spaniern (knapp zwei Millionen) auf Platz zwei.
Für die Kanaren hat eine Reisewarnung erhebliche Folgen, da die Inseln ihr Haupttourismusgeschäft in der bevorstehenden Wintersaision bestreiten. Das betonte auch Fernando Arias Texeira vom Fremdenverkehrsamt Gran Canaria in seinem Vortrag über die Auswirkungen der Pandemie auf die Insel beim virtuellen fvw Kongress.
Fast keine Ansteckungen in Hotels
Hinzu kommt, dass sich die wenigsten Menschen auf Reisen mit dem Coronavirus infizieren. Die meisten Ansteckungen erfolgen laut Robert-Koch-Institut im Wohnumfeld. Lediglich 1,2 Prozent der Corona-Erkrankten haben sich in der Hotellerie oder auf Kreuzfahren angesteckt, weitere 0,5 Prozent in Restaurants und 0,2 Prozent in Verkehrsmitteln.
Nach Medienberichten stieg die Zahl der Infektionen der bislang kaum betroffenen Inseln vor allem, nachdem eine Gruppe einheimischer junger Leute durch die Diskotheken von Gran Canaria zog. Arias betonte beim fvw Kongress, dass sich die Ansteckungen vor allem auf die Inselhauptstadt Las Palmas konzentrierten, in den touristischen Zonen im Süden gebe es kaum Fälle.
Erste Veranstalter sagen Reisen ab
Nach der Reisewarnung dürften große Veranstalter nun ihre Reisen für die nähere Zukunft stornieren. Schauinsland-Reisen hat bereits Kanaren-Reisen (Pauschalreisen und Nur-Hotel) mit Abreisedatum bis einschließlich 9. September 2020 abgesagt, heißt es auf der Website des Veranstalters.
Der kanarische Regionalpräsident Ángel Víctor Torres hatte angesichts der negativen Entwicklung schon vor einigen Tagen neue Einschränkungen bekanntgegeben, die er „drastisch“ nannte. Auf den besonders schwer betroffenen Inseln Gran Canaria und Lanzarote sind Veranstaltungen mit mehr als zehn Teilnehmern seither zunächst bis zum 11. September verboten. Restaurants und Kneipen müssen schon um Mitternacht schließen. In der gesamten Region gilt auch am Arbeitsplatz Maskenpflicht.
Die Einstufung als Risikogebiet bedeutet, dass für heimkehrende Urlauber eine Testpflicht auf das Coronavirus greift. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen sie sich in häusliche Quarantäne begeben. Eine Reisewarnung, die vom Auswärtigen Amt ausgesprochen wird, geht weiter. Sie ist zwar kein Reiseverbot, aber eine abschreckende Wirkung ist beabsichtigt.
Bislang können Reiserückkehrer aus Risikogebieten einen kostenlosen Corona-Test in Deutschland machen. Nach einem Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern soll sich das bald ändern. Geplant ist, dass wieder ausschließlich die Quarantäneregelung gelten soll.
Das heißt: Die Betroffenen müssen sich beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese soll im Unterschied zur jetzigen Regelung aber erst dann verlassen werden dürfen, wenn mit einem frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachten Test ein negatives Ergebnis vorgewiesen wird. Diese Regelung soll möglichst ab dem 1. Oktober gelten.