Die Bundesregierung hat am 29. April 2020 die weltweite Reisewarnung vorerst bis zum 14. Juni 2020 verlängert. Damit warnt das Auswärtige Amt (AA) vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland, da wegen der Corona-Pandemie weiterhin mit starken drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr, weltweiten Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen ist. Prof. Dr. Ernst Führich, einer der bekanntesten Reiserechtler, erklärt die Reisewarnung und ihre Folgen im Reiserecht.

Was heisst Reisewarnung?

Eine Reisewarnung des AA wird ausgesprochen, wenn davon ausgegangen werden muss, dass jedem Reisenden eine „konkrete Gefahr für Leib und Leben“ droht. Deutsche, die in der betreffende Region leben, werden zur Ausreise aufgefordert. Die Reisewarnung ist die stärkste Form der Warnung und ersetzt den bloßen Sicherheitshinweis als bloße Verhaltensempfehlung (www.auswaertiges-amt.de). Es ist also der „dringende Appell“ des Auswärtigen Amts, Reisen in egal welches Land zu unterlassen.

Bisher wurden Reisewarnungen für einzelne Länder oder Landesteile wie Ägypten, Syrien, Afghanistan oder den Jemen ausgesprochen. Neu ist die weltweite Reisewarnung für alle Länder, also auch für befreundete, wichtige Urlaubsländer. Damit will das AA verhindern, dass Deutsche im Ausland stranden. Zahlreiche Länder haben ihren Grenzverkehr eingeschränkt, Grenzen geschlossen und die meisten Flugverbindungen wurden annulliert. Deutschland zählt zu den Hauptrisikoländern. Deswegen sind deutsche Reisende besonders stark von den Reisebeschränkungen betroffen. Die Ausbreitung des Coronavirus kann nur gestoppt oder zumindest verlangsamt werden, wenn jeder Einzelne, also auch der Reisende, so wenig Kontakt wie möglich zu anderen Menschen hat. 

Darf man nach einer Reisewarnung noch reisen? 

„Niemand ist gezwungen, nach Deutschland von einem Urlaubsland zurückzureisen oder ist verpflichtet, nicht mehr ins Ausland zu reisen“, sagt Prof. Führich. „Eine Reisewarnung ist nur eine Warnung und kein Reiseverbot“.  Gleichwohl hat eine Reisewarnung erhebliche reiserechtliche Folgen. 

Welche Rechtsfolgen hat die Reisewarnung?

„Wenn Reisende, die eine Pauschalreise (§ 651a BGB) gebucht haben, jetzt von ihrem Reisevertrag vor Reisebeginn zurücktreten (§ 651h BGB), bekommen sie viel einfacher den vollen Reisepreis zurückerstattet„, erklärt Prof. Führich. Das Gesetz verbietet dem Reiseveranstalter, strikt eine vertragliche Stornoentschädigung zu verlangen, wenn außergewöhnliche Umstände die Reise beeinträchtigen (651h III BGB). „Die weltweite Reisewarnung ist das stärkste Indiz für unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände (früher höhere Gewalt genannt), auf die sich die Reisenden jetzt berufen können.“ Damit ist nachgewiesen und rechtlich klar, dass die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung in das Zielgebiet erheblich beeinträchtigt ist“, erklärt Führich. Gleichwohl ist reiserechtlich nicht von der Hand zu weisen, dass diese undifferenzierte Reisewarnung für weltweite Reisen sich in ihrer Indizwirkung für einzelne Länder selber schwächt. Maßgeblich ist letztlich stets der Einzelfall in dem betreffenden Zielland des Urlaubers.

Nachdem der Veranstalter eine gesetzliche Beistandspflicht nach § 651q BGB hat, ist er verpflichtet, seine Reisen in die betroffenen Gebiete mehr durchzuführen, seine Reisen abzusagen und selbst vom Reisevertrag nach § 651h IV Nr. 2 BGB zurückzutreten. Der Veranstalter darf also keine Reisen mehr durchführen! Er hat insoweit eine Fürsorgepflicht für seine Reisenden. Tritt der Veranstalter zurück, verliert er den Anspruch auf den Reisepreis und darf auch keine Entschädigung verlangen.

Da der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts durch seinen Kunden oder seinen eigenen Rücktritt zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern), auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt die Erstattung in Geld zu leisten (§ 651h V BGB). Da das Gesetz für Einzelfälle konzipiert ist, hat Prof. Führich Verständnis dafür, dass diese kurze Frist bei dem derzeitige Zusammenbruch des Pauschalreisemarkts nicht einzuhalten ist und Veranstalter nicht schuldhaft handeln, wenn sich die Gelderstattung zeitlich verzögert. Zwangsgutscheine satt Geld sind ein Verstoß gegen das zwingende Verbraucherrecht. Eine wahlweise und freiwillige Annahme von insolvenzgesicherten Gutscheinen erscheint Prof. Führich zulässig.

Verlust des Versicherungsschutzes

Reiseveranstalter und Reisende sollten bei ihren Reisen in ein Zielgebiet mit Reisewarnung stets berücksichtigen, dass der Veranstalter und der Reisende denn Versicherungsschutz seiner Vermögenshaftpflichtversicherung verliert, wenn er trotz Reisewarnung eine Reise durchführt bzw. der Urlauber eine Reise in ein solches Land antritt.

Ausführlich: Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 16; Führich, Basiswissen Reiserecht, 4. Aufl. 2018, § 5.

Presse: fvw vom 30.4.2020