Auch wenn der DRV seit einigen Tagen in einer Art Torschlusspanik auf die Petition des Konkurrenzverbandes VUSR diese Massenanschreiben an Abgeordnete durchführen will: dafür ist es zu spät!

Die Abgeordneten in Berlin müssen sich bei dem neuen Gesetz an die im Großen und Ganzen strikten Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie halten! Die Änderungen im Gesetzgebungsverfahren vom Referentenentwurf (Juni 2016) bis zum Regierungsentwurf waren für den Reisevertrieb über Reisebüros sehr gering und betrafen nur Klarstellungen.
In aller Deutlichkeit weise ich zum wiederholten Male darauf hin, dass Berlin weitgehend die Hände gebunden sind und die Entscheidungen in Brüssel beim Erlass der weitgehend nicht abänderbaren Pauschalreiserichtlinie von 2007 bis Ende 2015 gefallen sind! Dort hätte der Verband auf den Tisch schlagen müssen und auf eine unterschiedliche Behandlung des stationären Vertriebs und des Online-Vertriebs pochen müssen! Das ist aber nicht geschehen! Wenn der DRV nun unter seinen Mitgliedern den Optimismus verbreitet, bei den Schlussberatungen im Bundestag noch die Richtlinie rückgängig machen zu können, ist dies blanke Augenwischerei!

Als unabhängiger reiserechtlicher Sachverständiger werde ich mich bei der öffentlichen Anhörung am 23.1. im Bundestag dafür einsetzen, dass neben der Pauschalreise die Reisevermittlung von Paketen und Einzelleistungen möglich ist. Auch darf die bloße Addition von Einzelpreisen kein Gesamtpreis im Sinne einer Pauschalreise sein. Bei der Insolvenzsicherung ist noch Einiges im Fluss und möglich!

Ein Schlag ins Gesicht des Verbrauchers ist die beabsichtigte Nichtanwendung des Pauschalreiserechts auf veranstaltergleich angebotene Ferienwohnungen durch Reiseveranstalter als ihre Eigenleistung. Der Referentenentwurf bezog die Ferienhäuser ein, auf Druck der Lobbyisten hat der Regierungsentwurf die Regelung gestrichen. Ich werde mich für die Rückgängigmachung der Streichung und den Verbraucherschutz einsetzen! Der Urlauber in Ferienwohnungen und Hotelzimmern eines Veranstalters muss weiterhin durch das Pauschalreiserecht geschützt sein. Wer in Deutschland bucht, soll deutsches Recht und deutsche Gerichte in Anspruch nehmen können! Ansonsten könnten sich die Veranstalter einfach aus dem deutschen Recht durch AGB herauswählen und z. B. spanisches Recht vereinbaren.

Liebe Abgeordnete, ein solcher Abbau des Verbraucherschutzes fördert nicht die Begeisterung für die EU vor der anstehenden Bundestagswahl! Deutschland hat durch die neue Richtlinie bereits sehr viel an Schutz des Verbrauchers und Schutz des Reiseveranstalters aufgeben müssen wie

  • Preiserhöhungen berechtigen zur Rücktritt vom Vertrag erst ab 8 %, bisher ab 5 %.
  • Bisher ist eine Erhöhung des Reisepreises durch AGB nicht möglich, wenn zwischen Vertragsschluss und Reisebeginn weniger als 4 Monate liegen (§§ 651a IV 3, 309 Nr. 1 BGB). Diese absolute 4-Monatsgrenze fällt der vom Verbraucherschutz geforderten Vollharmonisierung zum Opfer.
  • Die Einführung des neuen unbestimmten Rechtsbegriffs der unvermeidlichen außergewöhnlichen Umstände in §§ 651h III und IV, 651 k IV und V, 651 n I und 651 y BGB-E statt des alten Begriffs der „höheren Gewalt“ wird weitreichenden neuen Auslegungsprobleme schaffen.
  • Der Wegfall der einmonatigen Ausschlussfrist zur Anmeldung von Gewährleistungsrechten in § 651g I BGB, führt dazu, dass Reisende bis zu zwei Jahre nach dem Reisende Ansprüche geltend machen können.
  • Eine Verkürzung der zweijährigen Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche durch AGB auf ein Jahr in § 651g II BGB wird nicht mehr möglich sein.
  • Der Wegfall des Verschuldens beim Schadensersatz in § 651n I BGB-E widerspricht fundamental dem deutschen Schuldrecht, so dass sich der Reiseveranstalter nicht mehr wegen fehlender eigener Fahrlässigkeit nach §§ 276 II, 280 BGB entlasten kann. Der Veranstalter muss Schadensersatz leisten, selbst wenn er nachweist, dass weder ihn noch einen seiner Erfüllungsgehilfen und deren Leute bei der Information, sorgfältigen Reisevorbereitung und Reisedurchführung ein Verschulden an den aus seinem Gefahrenbereich stammenden schädigenden Umständen trifft.