Dem BGH ist zuzustimmen, wenn der Reisende einer Pauschalreise eine Stornoentschädigung schuldet, weil ihm aus in seiner Person liegenden Gründen die Teilnahme an der Reise durch den Veranstalter verweigert wird. Zu Recht hat der Reiserechtssenat Umstände, die in den Risikobereich einer Vertragspartei fallen, wie eine Erkrankung oder eine Covid 19-Infektion des Reisenden, nicht als unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände iSv § 651h IVBGB angesehen.

Mit dieser Entscheidung bestätigt der BGH seine frühere Rechtsprechung zur Kündigung wegen nicht voraussehbarer, höherer Gewalt nach § 651j I BGB aF (BGHZ 215, 81 = NJW 2017, 2677, bespr. von FührichLMK 2017, 398602). Danach war nach dem früheren Reisevertragsrecht die Kündigung ohne Entschädigung nicht möglich, wenn das Ereignis der betrieblichen Risikosphäre des Reiseveranstalters oder der persönlichen Sphäre des Reisenden, wie sein ungültiger Reisepass, zuzuordnen war. Nach dieser sogenannten Sphärentheorie waren Reisestörungen aus der Risikosphäre des Reisenden, wie seine plötzliche Erkrankung, seinem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen.

Bemerkenswert und zu begrüßen ist es, wenn der Senat an seiner damaligen Rechtsprechung auch bei der Auslegung des § 651h BGB festhält und einen der Risikosphäre des Reisenden zuzurechnenden Grund grundsätzlich auch dann sieht, wenn der Reisende an der Reiseteilnahme nicht in der Lage ist, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Covid-19-Infektion besteht.

Dies muss auch für die Pandemiefälle der Jahre ab 2021 gelten, wenn – wie in dem entschiedenen Fall – von der Familie die Kreuzfahrt mitten in der Corona-Pandemie am 11.9.2021 für den Zeitraum vom 25.9.2021 bis 2.10.2021 für das westliche Mittelmeer mit Start in Mallorca gebucht wurde. Für diesen Reisezeitraum kann der Infektionsverdacht keinen unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstand iSd § 651h BGB begründen. Ein Reisender musste in dieser Zeit damit rechnen, dass seine Teilnahme an der Kreuzfahrt nicht möglich ist, wenn vor Reiseantritt der begründete Verdacht einer Covid-19-Infektion bei einem seiner teilnehmenden Familienmitglieder besteht. Dieser Umstand wird zu Recht der Risikosphäre des Reisenden zugerechnet, weil sich damit sein persönliches Risiko wie bei seiner Erkrankung verwirklicht. Ein Reisender, der sehenden Auges während der Pandemie Ende 2021 eine Pauschalreise bucht, kann nicht als schutzbedürftig iSd § 651h BGB angesehen werden. Mit zunehmender Dauer der Pandemie erscheint es angemessen, nicht nur einen begründeten Verdacht auf eine Covid-Infektion, sondern auch behördliche Reisehindernisse wie Einreiseverbote oder eine Quarantäne dem persönlichen Lebensrisiko des Reisenden zu zählen (Führich NJW NJW 2022, 1641 (1644, 1645)).

Prof. Dr. Ernst Führich, Kempten