Die Frankfurter Gerichte müssen sich mit teils kuriosen Klagen von Reisenden befassen. Geklagt wird auch wegen Regens in Ecuador.

Der Sommer ist vorbei, aber am Landgericht Frankfurt ist immer Reisezeit. Zumindest bei der 24. Zivilkammer, die sich das ganze Jahr über mit Streitigkeiten auf Reisen auseinandersetzen muss. Algen am Strand, Mehrbettzimmer statt Suite, ein Ausrutscher in der Dusche oder eine Schlägerei auf der Kreuzfahrt – es gibt fast nichts, wofür Urlauberinnen und Urlauber kein Geld zurückhaben wollen.

In manchen Fällen gehen die Forderungen der Kammer aber auch schlicht zu weit. So wurde am Mittwoch die Klage eines 75-Jährigen abgewiesen, der von seinem Reiseveranstalter insgesamt 5600 Euro haben wollte, weil er während einer Busreise längere Zeit nicht auf Toilette gehen konnte.

Der Kläger war 2020 im Rahmen einer Pauschalreise für 650 Euro an die polnische Ostseeküste gereist. Die Bustoilette war wegen der Pandemie geschlossen, die vereinbarten Pausen konnten wohl wegen eines Staus nicht eingehalten werden. Der damals 72-Jährige teilte die Dringlichkeit seiner Notdurft zunächst nur Mitreisenden mit. Später dann den Busfahrern selbst. Diese schlossen ihm wegen der Dringlichkeit die Toilette auf. Doch mit dem Urlaub war es für den Senior vorbei. Er klagte in der Folge über Nierenbeschwerden und wollte vom Urlaubsort einen kostenlosen Transport in ein deutsches Krankenhaus. Der örtliche Reiseveranstalter organisierte einen Arzt und letztlich auch ein Taxi, das den Deutschen in die Heimat zurückfuhr. Die Behandlung in einem polnischen Krankenhaus lehnte der 72-Jährige ab.

Das Landgericht wiederum lehnte die Klage des Mannes ab, der unter anderem 3000 Euro Schmerzensgeld haben wollte. Die Forderungen gingen Richterin Stefanie Nebeling zu weit. Ihre Vergleichsvorschläge hatte der Kläger zuvor abgelehnt. Gut möglich, dass der Prozess in die nächste Instanz geht.

Denn nicht nur das Landgericht, dass alleine im vergangenen Jahr 369 Klagen zum Reiserecht bearbeitete, ist bei vermiesten Urlaubsfreuden zuständig. Auch das Amtsgericht hat viele Fälle zu bearbeiten, insbesondere, wenn es um Fluggastrechte geht. Ab einem Streitwert von 5000 Euro oder in Berufungssachen ist dann aber das Landgericht zuständig. Fälle die dort nicht geklärt werden können, landen vor dem Oberlandesgericht – wie der Mitte September entschiedene Fall eines Reisenden, der von den gezahlten 18 000 Euro für eine Luxusreise durch Ecuador ein Drittel zurückhaben wollte, weil der Reiseveranstalter ihn nicht davor gewarnt habe, dass im Dezember im lhousUrlaubsland Regenzeit herrsche. Öl

Über typische Witterungsbedingungen vor Ort müsse sich der Reisende schon selbst informieren, urteilte das OLG und folgte damit der vorherigen Entscheidung der 24. Zivilkammer. Da aber ein Ausflug während der zweiwöchigen Reise im Dezember 2021 ausgefallen war und es einmal unzumutbare Lärmbelästigung gab, gestand der Senat dem Kläger 600 Euro Entschädigung zu.

Eine Splittung der gestellten Ansprüche gibt es häufig in den Urteilen. So gestand das Landgericht klagenden Reisenden in diesem Jahr schon 50 Prozent für Baulärm im Strandhotel zu, fünf Prozent für verunreinigtes Trinkwasser, 25 Prozent, weil der Koffer mit der teuren Fotoausrüstung auf Madagaskar sechs Tage zu spät ankam, oder 15 Prozent, weil die WLAN-Nutzung im Luxushotel eingeschränkt war.

Gar die volle Reisepreisminderung gab es, als ein Urlauber nach Sylt wollte und in Norddeich landete, ohne dass der Reiseveranstalter ihn vorher explizit über das geänderte Reiseziel informiert hatte.

Busreise ohne Toilette

Die Basis solcher Minderungsquoten sind laut Richterin Nebeling grundsätzlich gerichtliche Schätzungen. In den 80er-Jahren war am Landgericht die sogenannte Frankfurter Tabelle entstanden, die eine Orientierung für die Höhe der Minderung gab. Reisende schauen dort immer noch gerne rein, auch wenn sie längst veraltet ist und nicht mehr aktualisiert wird. Die Rechtsprechung ist heutzutage publik und liefert aktuellere Zahlen. „Wir orientieren uns an der breiten Basis der Veröffentlichungen“, so Nebeling.

Anders als in manch anderen Zivilverfahren ist im Reiserecht der Gerichtsstandort übrigens nicht frei wählbar. Entweder die Klägerpartei kommt aus Frankfurt oder aber das beklagte Reiseunternehmen hat seinen Sitz in oder um Frankfurt, so wie bei der Busreise ohne Toilette nach Polen.

Quelle: Frankfurter Rundschau