Bisher musste die Bahn bei Verspätung einen Teil des Fahrpreises erstatten, und zwar ohne, dass es auf den Grund für die Verspätung ankam. Doch mit der neuen EU-Fahrgastrechte-Verordnung wird es kompliziert, erläutert Rudi Ruks.

Signalstörung, Kälteeinbruch, ein verspätet vorausfahrender ICE oder ein Notfall auf der Strecke – wer mit der Bahn reist, hat eines der Szenarien sicher schon einmal erlebt. Die meisten Fahrgäste dürften sich auch die bisher geltenden Entschädigungsregeln eingeprägt haben: Kommt ein Zug am Zielort mindestens 60 Minuten verspätet an, gibt es 25 Prozent des Ticketpreises als Entschädigung, bei 120 Minuten werden 50 Prozent ausgezahlt. 

Warum es zur Verspätung kam, spielte dabei bisher keine Rolle. In der früheren EU-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr aus dem Jahr 2007 (Verordnung (EG) Nr. 1371/2007) waren nämlich keine Ausschlussgründe vorgesehen, insbesondere nicht für Fälle von höherer Gewalt. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied bereits 2013, dass Bahnreisende selbst bei höherer Gewalt einen Anspruch auf die Entschädigung haben.

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Dr. Rudi Ruks ist Wissenschaftsmanager an der Universität Bielefeld und Habilitand am dortigen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privat-, Verfahrens- und Wirtschaftsrecht bei Prof. Dr. Ansgar Staudinger. Er befasste sich in seiner Dissertation mit der Haftung für außergewöhnliche Umstände im europäischen Reiserecht. Die Arbeit wurde mit zwei Dissertationspreisen ausgezeichnet.

Ruks ist Mitarbeiter meines Handbuchs “Reiserecht”, das im Jahre 2023 in 9. Auflage erscheinen wird. Ruks kommentiert ua. die Fahrgastrechte bei Bahnfahrten.