Das Landgericht Frankfurt am Main (Az.: 2-24 O 55/22) hat entschieden, dass ein Hotel als Reiseveranstalter für Verletzungen bei einer geführten E-Bike-Tour haftet. Die Guides wählten eine riskante Strecke, wodurch ein Teilnehmer schwer stürzte. Das Urteil verpflichtet das Hotel zur Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld und Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude.
Geführte E-Bike-Tour endet mit schwerem Sturz im Gelände
Im Juni 2021 buchte ein Mann gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eine „Bike- und Sportmixwoche“ in Flachau, Österreich. Das Angebot umfasste sportliche Aktivitäten sowie Wellness-Leistungen. Der Gesamtpreis belief sich auf rund 1.400 Euro. An Tag fünf der Reise nahmen die beiden an einer geführten E-Bike-Tour namens „Heavy-Cycling“ teil. Die Route war für vier Stunden angesetzt und führte zunächst über befestigte und gut befahrbare Wege bis auf über 1.800 Meter Höhe.
Im oberen Bereich der Strecke war ein Steilstück teilweise noch von Schnee bedeckt, die Wege durch Schmelzwasser aufgeweicht und schwierig zu befahren. Die beiden Tour-Guides entschieden, auf einen alternativen Wanderweg auszuweichen. Dieser führte entlang eines Berghangs mit einem steilen Abgrund zur Rechten. Teilweise war das Gelände nur zu Fuß passierbar, die Räder mussten geschoben werden. Beim Durchqueren des unwegsamen Pfads stürzte der Kläger, erlitt einen Bänderriss am Sprunggelenk und musste per Helikopter geborgen werden.
Die Bergungskosten beliefen sich auf etwa 4.700 Euro, hinzu kamen rund 220 Euro für die medizinische Behandlung. Die restlichen Urlaubstage verbrachte der Mann weitgehend in seinem Zimmer, sportliche Aktivitäten waren nicht mehr möglich.
Gericht erkennt Verletzung der Fürsorgepflicht durch Guides
Die Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt gab der Klage des verunfallten Gastes statt.
Die Entscheidung stützt sich darauf, dass die eingesetzten Bike-Guides des Hotels ihre Obhuts- und Fürsorgepflicht verletzt haben. Die Richter beanstandeten, dass die Guides eine alternative Route auswählten, ohne deren Beschaffenheit oder Gefährlichkeit genau zu kennen. Der gewählte Weg stellte höhere Anforderungen an die Teilnehmenden als ursprünglich vorgesehen. Dadurch sei ein Reisemangel entstanden, für den der Veranstalter einstehen müsse.
Das Gericht widersprach der Argumentation des Hotels, es habe sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht. Vielmehr sei die Gefahr eines Unfalls durch die Entscheidung der Guides konkret erhöht worden. Auch ein Mitverschulden des Klägers schloss die Kammer aus. Es könne bei einem engen, steinigen Wanderweg, der nur mit Schieben eines schweren E-Bikes zu bewältigen sei, nicht pauschal unterstellt werden, der Sturz sei auf eigene Unachtsamkeit zurückzuführen. Ebenso blieb der Einwand der Gegenseite, mangelnde Fitness habe zum Unfall geführt, ohne Erfolg – hierfür sah das Gericht keine Beweise.
Der Kläger erhält neben dem Ersatz der Bergungs- und Behandlungskosten ein Schmerzensgeld in Höhe von 900 Euro. Zusätzlich sprach das Gericht ihm eine Entschädigung in Höhe von 240 Euro für entgangene Urlaubsfreude zu – das entspricht 80 Prozent des anteiligen Reisepreises für die betroffenen Tage. Das Urteil vom 26. Juni 2025 ist noch nicht rechtskräftig; eine Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt ist möglich.
Tipp: Wer Reisen mit geführten Sportaktivitäten bucht, sollte dokumentieren, wie die Touren organisiert und begleitet werden. Verletzt sich ein Teilnehmer aufgrund unzureichender Einschätzung des Geländes oder fehlender Sicherheitsvorkehrungen, kann ein Reisemangel vorliegen. Wichtig ist es, die Situation zeitnah medizinisch, fotografisch und ggf. mit Zeugen zu belegen. Auch Entschädigung für entgangene Urlaubstage kann geltend gemacht werden, wenn Aktivitäten nicht mehr genutzt werden können.
Quelle: Jura-Forum

