Reiseveranstalter bieten oft neben dem Paket aus Flug und Hotel auch eine Zugverbindung zum Flughafen an. Seit Jahren müssen sich die Gerichte mit der Haftung beschäftigen, wenn der Reisende wegen einer Verspätung seinen Flug verpasst. Denn nicht immer fallen diese sogenannten „Rail and Fly“-Angebote unter das Pauschalreiserecht der §§ 651a ff. BGB. Rechtlich muss zwischen mehreren Konstellationen unterschieden werden.
1. Zug als Teil einer Pauschalreise
Der Reiseveranstalter als Anbieter von Pauschalreisen haftet für den Ausfall von von gebuchten Reiseleistungen, wie zum Beispiel dem Flug. Damit das auch für die Zugreise zum Flughafen gilt, muss diese aber ausdrücklich Teil des Reisepakets der Pauschalreise vereinbart sein. Ist ein Rail & Fly-Ticket Teil der Leistungen einer Pauschalreise, ist die Bahn Erfüllungsgehilfe iSd § 278 BGB des Reiseveranstalters bei der diesem obliegenden Erbringung der Gesamtreiseleistung. Vertragspartner des Reisenden hinsichtlich des Transfers zum Flughafen ist allein der Reiseveranstalter[1].
Die Bahn selbst bietet solche „Rail and Fly“-Angebote nicht an, diese müssen die Reisenden bei ihrem Reiseveranstalter buchen. Sie können dann mit der Flugticketnummer eine passende Zugverbindung der Bahn auswählen.
So hat der BGH entschieden, dass der Reisende von einer Inclusiveleistung ausgehen kann, wenn für das Zugticket kein eigener Preis aufgeführt ist (BGH 29.6.2021, X ZR 29/20, NJW 2021, 2880 = RRa 2021, 217).
Dabei reiche es schon wenn ein Pauschalreisender anhand der Werbeunterlagen den Eindruck gewinnt, dass beim Start der Bahntransfer zum Flughafen eine Eigenleistung des Reiseveranstalters ist. Dann haftet der Reiseveranstalter auch für die Verspätung eines Zugs für alle Folgekosten.
2. Zug als vermittelte Fremdleistung
Der Reiseveranstalter haftet nicht für Mängel der Zuganreise, wenn er deutlich bei der Buchung gegenüber dem Reisenden seine bloße Stellung als Vermittler herausgestrichen hat. Wenn der Veranstalter deutlich in seiner Reiseausschreibung und seiner Reisebestätigung darauf hinweist, dass die Zugfahrt lediglich in Kooperation mit der Bahn durchgeführt wird und der Reisende für seine rechtzeitige Anreise zum Flughafen selbst verantwortlich ist, haftet der Reiseveranstalter nicht für Verspätungen oder sonstige Schlechtleistungen der Bahn. Entscheidend ist, dass aus den Buchungsunterlagen für den Reisenden klar und deutlich ersichtlich ist, dass dass die Zuganreise keine eigene Veranstalterleistung ist. So entschieden die Gerichte dass dann, wenn der Reiseveranstalter dem Reisenden für die Reise zum Abgangsflughafen eine Bahnfahrkarte überreicht, in der keine festen Zeiten eingetragen sind und der Reisende deutlich auf seine eigenverantwortliche rechtzeitige Anreise zum Flughafen hingewiesen wird, dieser selbst für die rechtzeitige Anreise und insbesondere das rechtzeitige Erscheinen am Abfertigungsschalter des Luftfahrtunternehmens verantwortlich ist.
3. Immer Zeitpuffer einplanen
Ob Teil des Pauschalreisepakets oder nur vermittelte Fremdleistung der Bahn, in jedem Fall, ist ein ausreichender Zeitpuffer für die Fahrt zum Flughafen einzuplanen. Das ist nach der genannten Entscheidung des BGH zusätzlich nötig, um sich bei Verspätungen auf das Pauschalreiserecht berufen zu können. Der Reiseveranstalter kann den Urlaubern entsprechende Vorgaben wie drei Stunden vor Abflug in den Reiseunterlagen machen, die man dann unbedingt einhalten sollte, um sich im Zweifel seine Rechte zu bewahren.
In dem Fall, der 2021 vor dem BGH verhandelt wurde, hieß es vom Reiseveranstalter: Die Zugverbindung sollte so gewählt werden, dass der Abflughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreicht werden kann. Die Abflugzeit lag um 12:05 Uhr, die planmäßige Ankunft des Zuges sollte 9:35 Uhr sein. Diese Zugverbindung habe damit den genannten Vorgaben entsprochen, bestätigte der BGH.
4. Keine Haftung der Bahn
Die Deutsche Bahn haftet bei Verspätungen nicht für Folgeschäden wie verpasste Flüge. Ansprüche können Pauschalreisende im Zweifel nur gegenüber dem Veranstalter geltend machen, sollten aber dafür unter anderem den vom Veranstalter vorgegebenen Zeitpuffer eingehalten haben.
Weitere Rechtsprechung: BGH 29.6.2021, X ZR 29/20, NJW 2021, 2880 = RRa 2021, 217; BGH, 28.10.2010, Xa ZR 46/10, MDR 2011, 17 = NJW 2011, 371 = RRa 2011, 20; Bespr. Führich LMK 2011, 313836; LG Berlin 30.11.2012 – 55 S 114/11, RRa 2013, 74 (Eigenleistung, wenn kein gegenteiliger, erkennbarer Hinweis in den Buchungsunterlagen, Minderung ist der überzahlte Reisepreis); LG Frankfurt a. M. RRa 2010, 117; LG Frankfurt a. M. 17.12.2009 – 2–24 S 109/09; RRa 2008, 80; AG Hannover RRa 2010, 32; AG Erfurt RRa 2008, 33.
Literatur: Führich in Führich/Staudinger, Reiserecht, 9. Auflage 2024, Anhang zu § 21 Mängel- und Minderungsübersicht

