Die Frage, ob die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist, darf nicht allein danach beurteilt werden, ob der Reisende diesen Ort ohne Beeinträchtigungen erreichen kann. Vielmehr kann auch von Bedeutung sein, ob der Reisende davon ausgehen kann, dass die Rückreise nach Ende des Reisezeitraums ebenfalls ohne wesentliche Beeinträchtigungen möglich sein wird.
BGH vom 28.02.2023, X ZR 23/22, MDR 2023, 201 = VersR 2023, 727
Aus den Gründen:
Nach § 651h Abs. 3 S. 1 BGB kann der Reiseveranstalter bei einem Rücktritt des Reisenden vor Reiseantritt abweichend von § 651h Abs. 1 S. 2 BGB keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.15
Unvermeidbar und außergewöhnlich sind Umstände gem. § 651h Abs. 3 S. 2 BGB, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich darauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.16
Dass im Reisezeitraum … die Gefahr einer Erkrankung an Covid-19 ein nicht beherrschbares erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit darstellte, die dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innewohnte, zieht die Revision zu Recht nicht in Zweifel.17
Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort im Streitfall aufgrund der in Marokko angeordneten Beschränkungen des Reiseverkehrs erheblich beeinträchtigt war.21
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vor Antritt der Reise aufgetretenen Unsicherheiten bezüglich der Rückreise bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Beförderung zum Bestimmungsort geführt haben.MDR 2023, 69222
Entgegen der Auffassung der Revision darf die Frage, ob die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist, nicht allein danach beurteilt werden, ob der Reisende diesen Ort ohne Beeinträchtigungen erreichen kann. Vielmehr kann auch von Bedeutung sein, ob der Reisende davon ausgehen kann, dass die Rückreise ebenfalls ohne wesentliche Beeinträchtigungen möglich sein wird.23
Zu Recht hat es das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang als ausschlaggebend angesehen, ob dem Reisenden die Anreise zum Bestimmungsort zumutbar ist. Ebenfalls zu Recht ist es davon ausgegangen, dass einem Reisenden in der Regel nicht zugemutet werden kann, an den Bestimmungsort zu reisen, wenn nicht gewiss ist, wie und wann er den Bestimmungsort nach Abschluss der Reise verlassen kann.24
Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Rückreise bereits vor dem Abflug mit Unsicherheiten behaftet war, angesichts derer eine Beförderung zum Bestimmungsort nicht zumutbar war, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. [Rz. 25–38]

