Experte fordert neue Storno-Regelung bei Pandemien
Der renommierte Reiserechtler Professor Ernst Führich fordert eine Reform des Reiserechts im Falle von Pandemien: Demnach soll bei Stornierungen der Reisewillige einen Teil der anfallenden Finanzlast übernehmen.
Eine entsprechende Forderung erhebt der Reiserechtsexperte in einem offenen Brief an die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Christine Lambrecht. Darin schlägt Führich vor, dass Reisewillige bei Pandemien künftig 50 Prozent der anfallenden Stornokosten selbst tragen sollen. Dies sei vertretbar, weil der Reisende heute wisse, „unter welchen gesundheitlichen Risiken er nationale und internationale Pauschalreisen bucht“, schreibt der Rechtsexperte.
Nach geltender Rechtslage muss im Fall der Absage oder Stornierung von Reisen aufgrund von Pandemien ausschließlich der Reiseveranstalter sämtliches finanzielles Risiko tragen, also 100 Prozent der fälligen Rücktrittsentschädigung zahlen. Diese einseitige Regelung zulasten der Veranstalter habe während der Corona-Pandemie zu einem „Zusammenbruch in der deutschen, aber auch internationalen Tourismusbranche geführt“, führt Führich in dem Brief aus.
Die geltende Rechtslage gehe sogar so weit, dass Verbraucher vollständig geschützt seien, die „sehenden Auges zur Zeit der Corona-Pandemie“ eine Pauschalreise buchen. Auch weil in Zukunft mit weiteren Pandemien gerechnet werden müsse, sei diese Regelung nicht mehr angemessen.
Rechtsgrundlage für die bestehende Entschädigungsregelung ist Paragraf 651h des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Konkret schlägt Führich allerdings keine BGB-Reform vor, denn dies sei „politisch zu schwierig und wohl auch nicht durchsetzbar“, sagte Führich im Gespräch mit fvw.
Stattdessen schlägt der Experte vor, dass Deutschland seine derzeitige EU-Ratspräsidentschaft nutzt, um eine Reform der EU-Pauschalreise-Richtlinie auf den Weg zu bringen. Für sie steht 2021 ohnehin eine Revision an.
Ernst Führich ist Richter a.D. und emeritierter Professor für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Reiserecht. Bereits bei der Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie von 1990 trat er im Bundestag als Sachverständiger auf – ebenso bei der EU-Pauschalreise-Richtlinie 2018.
Im Folgenden dokumentiert fvw den offenen Brief Führichs an die Ministerin im Wortlaut:
„Sehr geehrte Frau Bundesministerin Lambrecht,
in diesem offenen Brief rege ich an, dass die Bundesregierung im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft eine Anpassung der Pauschalreise-Richtlinie an die Corona-Pandemie in die Wege leitet. Ich war Sachverständiger des Bundestages bei der Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EWG in Bonn und bei der Umsetzung der neuen Pauschalreise-Richtlinie 2011/83/EU in Berlin.
Ich schlage vor, dass der Pauschalreisende bei seiner Stornierung des Reisevertrages aus Gründen einer weltweiten Pandemie eine halbe Stornogebühr zahlt. Die bisherige gesetzliche Regelung in § 651h III BGB mit einer völlig kostenfreien Stornierung bei einer Pandemie wie Corona ist nicht interessengerecht. Reiseveranstalter werden durch die Freistellung ihrer Kunden von jeglichen Kosten extrem in ihrer Existenz gefährdet. Das gilt insbesondere für den Mittelstand, der nicht staatlich durch billige Großkredite des Staates abgesichert wird. Andererseits weiß heute der Reisende, unter welchen gesundheitlichen Risiken er nationale und internationale Pauschalreisen bucht. Wer dieses Risiko auf sich nimmt, sollte 50 Prozent der fälligen Rücktrittsentschädigung zahlen.
Die Covid-19-Pandemie mit weltweiten Reisewarnungen der meisten Staaten hat seit März dieses Jahres zu einem Zusammenbruch in der deutschen, aber auch internationalen Tourismusbranche geführt. Eine der wesentlichen rechtlichen Hauptprobleme bei Pauschalreisen ist die Frage des kostenfreien Rücktritts von Verträgen wegen einer drohenden Beeinträchtigung durch Covid-19. Die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten werden bei der notwendigen rechtlichen Aufarbeitung unzähliger Verfahren prüfen müssen, ob das neue Pauschalreiserecht auch die vielen aufgeworfenen Rechtsfragen wie des kostenfreien Rücktritts vom Vertrag vor Reisebeginn wegen des für beide Vertragsparteien unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstandes der unbekannten Covid-19-Pandemie beantworten kann (kürzlich Führich, Rücktritt vom Pauschalreisevertrag vor Reisebeginn wegen Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 2127).Die bisherige gesetzliche Regelung erscheint für künftige Fälle nicht interessengerecht. Da in Zukunft mit weiteren Pandemien gerechnet werden muss, schlage ich vor, die maßgebliche Pauschalreise-Richtlinie 2011/83/EU an die Folgen und Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie anzupassen. Nach der bisherigen Regelung in Art. 12 II iVm § 651h III BGB hat der Reisende das Recht, vor Beginn der Pauschalreise ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Vertrag zurückzutreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Der Reisende hat dabei einen Anspruch auf volle Erstattung aller geleisteten Zahlungen jedoch auf keine zusätzliche Entschädigung.
Nach zutreffender Auslegung des § 651h III BGB können außergewöhnliche Umstände bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen und die Parteien die Erwartung haben, bis zur Durchführung der Reise werde sich die Situation derart verbessern, dass es zu keiner Beeinträchtigung kommt (Staudinger in Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl. 2019, § 16 Rn. 19). Das heißt, auch der Reisende ist derzeit durch die Richtlinie geschützt, der sehenden Auges zur Zeit der Corona-Pandemie eine Pauschalreise bucht.
Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen des Reisenden und des Reiseveranstalters erscheint diese Regelung im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen einer schwerwiegenden Veränderung der Umstände durch eine weltweite Pandemie nicht angemessen. Die Reiseveranstalter haben zur Vorbereitung der Pauschalreisen erhebliche Vorausleistungen durch ihre eigenen Mitarbeiter, ihren Vertrieb über stationäre und digitale Reisevermittler und mit ihren Leistungsträgern wie beispielsweise Airlines und Beherbergungsunternehmen erbracht. Diese Reiseunternehmen sind wegen fehlender Liquidität durch Neubuchungen und fehlender Rückzahlungen durch die Leistungsträger in ihrer Existenz extrem gefährdet.
Andererseits weiß der Reisende heute unter welchen gesundheitlichen Risiken er nationale und internationale Pauschalreisen bucht. Deswegen erscheint es für den Reiseveranstalter unzumutbar, Kunden von Reiseveranstaltern völlig frei von Rücktrittsgebühren bei Pandemien zu stellen und die Risiken einer Pandemie alleine den Veranstalter tragen zu lassen. Auch ist es nicht angemessen, durch staatliche finanzielle Sicherungsmaßnahmen indirekt den Steuerzahler zu belasten, um mehr oder weniger teure Erholungsreisen von Reisewilligen abzusichern.
Ich schlage daher vor, dass sich der Pauschalreisende im Falle seines Rücktritts vor Reisebeginn (Stornierung) aus Gründen einer weltweiten Pandemie mit Gefährdung der Durchführung der Reise und der Gesundheit des Reisenden durch eine Halbierung der vertraglich fälligen Stornoentschädigung an den Vorlaufkosten des Reiseveranstalters beteiligt.
Eine Beteiligung von 50 Prozent an den Stornogebühren hat der BGH im Urt. v. 23.11.1989 (VII ZR 60/89, BGHZ 109, 224) bereits in seinem Tschernobyl-Urteil unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben entwickelt. In diesem Verfahren ging es um eine Klassenreise nach Prag unmittelbar nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl bei einer unsicheren Strahlenbelastung in Prag. Der Reiseveranstalter konnte von dem örtlichen staatlichen Leistungsträger seine Vorauszahlungen nicht mehr erlangen. Der BGH stützte die Halbierung der Stornokosten auf § 242 BGB. Zur Zeit der Entscheidung galt noch nicht der heutige § 313 BGB, der bei Störung der Geschäftsgrundlage durch eine schwerwiegende Veränderung der Umstände ein Anpassung des Vertrages erlaubt. Im Pauschalreiserecht kommt jedoch die allgemeine Regelung des § 313 BGB wegen ihrer Subsidiarität nicht zur Anwendung. Die derzeitige Spezialregelung des § 651h III BGB für Pauschalreisen erscheint für die schwerwiegende Äquivalenzstörung einer Pandemie nicht interessengerecht und sollte durch den Brüsseler Gesetzgeber an die veränderte Situation der Covid-19-Pandemie angepasst werden.
Die Pauschalreise-Richtlinie 2011/83/EU kann nach Art. 26 im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung bis 1. Januar 2021 mit Gesetzgebungsvorschlägen insoweit ergänzt werden.“
Best regards to Finland.
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Die Frage ist, was unter Stornokosten zu verstehen ist. Die pauschalen Gebühren, die jetzt vom RV veranschlagt werden, können dabei nicht herangezogen werden. Der RV müsste dann schon seine angefallenen Kosten belegen. Bei der jetzigen Pandemie, fallen die Flüge aus, die Hotels sind geschlossen, daher fallen auch diesbezüglich beim RV keine Kosten an. Lediglich die Buchungskosten, die im digitalem Zeitalter wohl sehr gering ausfallen, könnten herangezogen werden.
Es kann nicht sein, dass RV sich jetzt auf Kosten der Kunden bereichern wollen.
Ich würde dann auf jegliche Buchung verzichten und nur noch direkt beim Hotel buchen.
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Sehr geehrte Frau Thierfelder
Es geht hier primär sicherlich nicht um Bereicherung. Es vielmehr darum, dass Reiseveranstalter für Ihre Arbeit entlöhnt werden. Und zwar vom Auftraggeber (Reisender). Es kann doch nicht sein, dass jemand für seine Arbeit nicht entlöhnt wird, resp. in einem Pandemiefall die erarbeiteten Entlohnung wieder zurück zahlen muss.
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Beim FVW Kongress:
Wiegand will Kunden an Kosten beteiligen
Guido Wiegand, Chief Marketing Officer von Studiosus, wünscht sich, dass die Branche als Lehre aus der Krise beim Gesetzgeber für Bewusstsein sorgt, welche Leistungen Veranstalter und Reisevertrieb eigentlich erbringen. „Denn dann könnte man in einem Fall wie jetzt auch die Kunden an den entstandenen Kosten beteiligen.“ Einen ähnlichen Vorstoß hatte der Reiserechtler Ernst Führich in der fvw unternommen.
Experte fordert neue Storno-Regelung bei Pandemien
„Der Urlaub beginnt ja nicht erst mit dem ersten Reisetag“, so Wiegand, „sondern schon lange vorher. Nämlich dann, wenn der Vertrieb bei der Beratung und Buchung seine Arbeit erbracht hat und wenn der Veranstalter die Reise geplant und die entsprechenden Kapazitäten eingekauft hat.“ Wenn der Kunde also mit dem Augenblick seiner Buchung also diese Leistungen in Anspruch genommen hat, „dann ist es auch legitim, dass er im Falle einer Absage dafür zahlt“.
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Ich kann mich den Ausführungen nur anschließen. Der Reiseveranstalter hat zum Zeitpunkt der Stornierung bereits gearbeitet, wird hierfür aber nicht bezahlt, obwohl er die Absage der Reise nicht verschuldet hat. Das müsste dringend geändert werden!
Eine hälftige Übernahme der Stornokosten durch den Kunden hilft aber nichts, wenn der Kunde z.B. sehr frühzeitig eine Eventreise bucht. Wird das Event wegen der Pandemie abgesagt (was bei Großveranstaltungen i.d.R. sehr früh passiert), kann die Reiseleistung nicht erbracht werden. Dennoch war der RVA schon aktiv, hat Anreise, Übernachtung, Ticket etc. organisiert und eventuell schon (an)bezahlt. Je nachdem, wann das Event stattgefunden hätte, könnte die Reise aber u.U. noch kostenfrei oder gegen Bezahlung einer minimalen Bearbeitungsgebühr storniert werden. Auch bei anderen Reisen wäre dies der Fall, sofern die Reisewarnung für einen längeren Zeitraum gilt. 50% von nichts ist immer noch nichts…
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Eine 50%ige Beteiligung an den Reisegesamtkosten seitens des Pauschalreisenden ist eine unangemessene Benachteiligung. Es steht nicht der erwartete und im Rahmen einer Pandemie nicht erzielbare Umsatz des Reiseunternehmens im Focus, sondern eine Aufteilung des erzielbaren und bei einer Pandemie entgangenen Gewinns. Wenn dieser beispielsweise (entnommen den Vorjahren des Unternehmens) bei 30 Prozent gelegen hat, so kann eine Aufteilung hälftig zu je 15 Prozent herangezogen werden.
50 Prozent auf den Endbetrag, wobei in der Regel z.B. Flugkosten und Hotelkosten im Wesentlichen vom Unternehmen nicht zu zahlen sind bzw. bei Pandemieausfall nicht gezahlt werden (auch hier sind Vereinbarungen möglich), würde dem Unternehmen in vielen Fällen mehr Geld zuführen, als wenn die Reise stattfindet.
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Leider haben Sie mich missverstanden. Ich spreche von 50% der vertraglich fälligen Stornokosten zur Zeit des Rücktritts.
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Wenige Tage vor Abreise würden bei einer 50% reduzierten Stornokostenpauschale immer noch rund 40 oder 45 Prozent des Reisepreises anfallen. Obwohl bedingt durch die Pandemie keinerlei merkbare Leistung für den Pauschalreisenden wie Flug oder Hotel, Transfer usw. erbracht werden. Ist unangemessen hoch und ermöglicht dem Reiseveranstalter einen Ertrag, der seine anfallenden und überprüfbaren Kosten bei weitem übersteigt.
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Richtig. Leider haben wir keine gesetzliche Höchstgrenze für Pauschalen. Jeder Veranstalter kann diese nach seine Durchschnittsschäden festlegen. Der Kunde kann diese bestreiten und der Veranstalter muss seinen Schaden in der Coronazeit nachweisen.
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Sehr geehrter Herr Führich, dazu müsste zuerst die Berechnung der Stornogebühren angepasst bzw. verändert werden. Die RV berechnen momentan Gebühren, die während der Pandemie nicht anfallen. Die Hotels sind geschlossen, die Flüge finden nicht statt, oder das Reiseland verhindert die Einreise. Trotzdem verlangen die RV Stornogebühren in exorbitanter Höhe.
Wie stehen Sie denn dazu?
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Sehr geehrter Herr Führich,
finden Sie nicht, das die Reisebranche bereits genug Verbraucher unfreundliche/feindliche
Sonderregeln hat?
Der Kunde ist fast in jedem Bereich gegenüber dem Anbieter benachteiligt!
z.B.
– Absage von Pauschalreisen wegen zuwenig Teilnehmern
– Änderung von Flugzeiten/Flughäfen kurz vor Reiseantritt
– Umbuchung in anderes „vergleichbares“ Hotel
– kein 14 tägiges Widerrufsrecht
– Kunde bleibt auf Kosten sitzen wenn er erkrankt
Ausserhalb der besser geregelten Pauschalreisen ist dies noch Schlimmer:
z.B.
– Airlines können Flüge bis zu 14 Tage vor Abflug stonieren
– Kunden können dies bereits ab dem Moment der Buchung nicht mehr
– kein 14 tägiges Widerrufsrecht
– Gepäckregeln, Mahlzeiten an Bord können nach belieben geändert werden
– Kunden treten oft Monate in Vorleistung
– Kunde bleibt auf Kosten sitzen wenn er erkrankt
Aktuell warten die meisten Kunden noch immer auf ihre Erstattung,
da fast ausnahmslos jeder Anbieter die Erstattung künstlich hinauszögert.
Unternehmen mit deutschen Firmensitz sind hier am schlimsten
und das, obwohl sie Milliarden Staatsgeschenke erhalten haben.
Sie fordern, das Stornokosten halbiert werden wenn der Anbieter wegen
einer Pandemie die Leistung nicht erbringt.
Fordern Sie dann auch, das der Anbieter die Hälfte der Kosten
bei Krankheit oder Unfall übernimmt?
(Und meist entstehen dem Anbieter dadurch eh keine Kosten,
nein er verdient doppelt, da er die Leistung erneut verkauft)
Der Kunde braucht hier eine zusätzliche Versicherung.
=> Soll der Reiseveranstalter doch eine Pandemie Versicherung abschliesen.
Unternehmen sollen nicht noch mehr vom unternehmerischen Risiko entbunden werden.
Daher wäre die Forderung, das sich Unternehmen vor Pandemien
schützen müssen viel zielführender. Warum soll der Steuerzahler herhalten?
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Herr Prof. Dr. Führich,
und was ist mit Buchungen, die bereits Ende letzten Jahres (Nov. 2019) im Nichtwissen der gesundheitlichen Risiken erfolgt sind und die nun von den Reiseveranstaltern unter Hinweis auf die fehlende Reisewarnung und trotz steigender Gefährdungslage am Vertrag festgehalten werden??
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Sehr geehrter Herr Prof. Führich,
ich freue mich über Ihren offenen Brief und würde als betroffener Reiseveranstalter noch einen Schritt weitergehen. Gerne würde ich eine europaweite Petition in die Wege leiten, und EINE Forderung formulieren, auf die sich alle berufen können, die gegen die EU-Richtlinie sind, und EINE Plattform erzeugen, in der sich alle mit ihrer Unterschrift beteiligen können, z.B. https://www.openpetition.eu/
Ich plane das mit einer Gruppe von Reiseveranstaltern. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich uns anschließen würden. Ich frage mich auch, ob es nicht verfassungswidrig ist, den Reiseagenturen unendgeldlche Arbeit abzuverlangen?
Hier ist unser erster Entwurf, der sicherlich noch überarbeitet werden muss. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Beste Grüße
Albino Cipolla
Die verzweifelte Lage der Reiseagenturen in ganz Europa dürfte niemandem entgangen sein. Das wirkliche Problem der Reiseagenturen ist nicht COVID-19, sondern die neue bürger- und weltfremde EU-Pauschalreiserichtlinie 2015/2302. Laut dieser Richtlinie müssen alle Reiseagenturen den gesamten Reisepreis erstatten, wenn eine Reise aufgrund von höherer Gewalt nicht stattfinden kann.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Verbraucher sind selbstverständlich gerade in schwierigen Zeiten sehr ernst zu nehmen. Es muss aber zum Wohle Aller eine Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Reisebüros und Mitarbeiter sind ebenfalls durch den Einbruch der Nachfrage in eine wirtschaftliche Notlage geraten. Ihnen zusätzlich noch alleine die Bürde für die Rückabwicklung und Erstattung einer gesamten Saison aufzuerlegen, steht in keinem Verhältnis dazu, dass Verbraucher keinen Cent als Aufwandsentschädigung für die Reiseagentur entrichten müssen.
Welche Leistung erbringt eine Reiseagentur eigentlich? Hat der Verbraucher die Leistung der Reiseagentur nicht bereits während des Buchungsvorgangs in Anspruch genommen? Er kann die Reise auch selbst organisieren und buchen. Tut er das vor Ort während seines Urlaubs? Muss er die Reise angetreten haben, um den Buchungsaufwand auf sich zu nehmen? Natürlich nicht. Er muss die Reise im Voraus organisieren.
Anders als bspw. Fluggesellschaften, erbringen Reiseagenturen ihre Leistungen bereits zum Zeitpunkt der Buchung! Genauso wie ein Anwalt oder ein Architekt ihre Leistungen zum Zeitpunkt der Beratung bzw. der Planung erbringen.
Keine Branche der Welt muss unverschuldet und auf eigene Kosten die eigene geleistete Arbeit rückabwickeln.
Zusätzlich bleiben Reiseveranstalter auf sämtlichen Kosten sitzen, die ihnen im Auftrag ihrer Kunden entstehen. Reiseveranstalter müssen viele Investitionen tätigen, um ihren Kunden gewisse Konditionen und Leistungen bieten zu können. Wenn ein Reiseveranstalter eine Leistung ausschließlich im ausdrücklichen Auftrag des Kunden bucht, sollte er nicht auf diesen Kosten sitzen bleiben, wenn die Reise unverschuldet nicht stattfinden kann.
Jeder Verbraucher kann seine Reise auch selbst organisieren. Wenn er über eine Agentur bucht, überträgt er laut aktueller Gesetzeslage das eigene Risiko auf die Reiseagentur. Die Übernahme des Ausfall-Risikos außerhalb des eigenen Einflussbereiches stellt für eine Reiseagentur eine Versicherungsleistung dar. Reiseagenturen sind aber weder dafür ausgebildet noch verfügen sie über entsprechende Rückversicherer oder Rücklagen, um dieses Risiko auf sich nehmen zu können.
Die Lobby-Arbeit der Verbraucherzentralen ist an dieser Stelle über das Ziel hinausgeschossen. Die Folgen der absurden EU-Richtlinie sind, dass viele Verbraucher während der Corona-Krise geprellt, vertröstet, ignoriert und teilweise sogar getäuscht werden. Mitgliedstaaten der EU wollen sich nicht an das Gutschein-Verbot halten. Rechtsschutzversicherungen melden Rekordzahlen bei Reiserechts-Streitigkeiten. Frust, Ärger und Verunsicherung der Verbraucher machen sich breit. Verbraucher verlieren das Vertrauen in Reiseagenturen, da sie häufig nicht zu ihrem „Recht“ kommen. Und das nicht, weil Reiseagenturen von Natur aus Kleinkriminelle sind, sondern weil sie die Zahlungen häufig gar nicht zurückzahlen können! Reiseagenturen haben zum Zeitpunkt der Buchung von den verdienten Provisionen gelebt, um die laufenden Kosten für die Beratung, für die Organisation und für die Buchungen zu tragen.
Den unzähligen unzufriedenen Kunden, die klagen müssen, weil ihnen nicht geholfen werden kann, nützt das Pauschalreisegesetz gar nichts. Es schwächt das Vertrauen der Verbraucher in eine ganze Branche, die durch die aktuelle Verbraucherschutz-Politik durch den Dreck gezogen wird. Der Hass gegenüber Reisebüros geht sogar so weit, dass in Deutschland das Schaufenster eines Reisebüros beschädigt wurde.
Spezialisierte Reiseveranstalter oder das Reisebüro um die Ecke verschwinden dadurch vom Markt. Damit wird einem wichtigen Kulturgut der Europäischen Union ein erheblicher Schaden zugefügt: Reisen verbindet! Reiseagenturen helfen vielen Bürgern der Europäischen Union mannigfaltige Reisen in Europa und in die ganze Welt zu erleben.
Wenn Sie als Bürger der Europäischen Union die aktuelle EU-Pauschalreiserichtlinie als ungerecht empfinden, wenn Sie das Gefühl haben, dass sie nicht dem Geist und der Idee entspricht, die die Europäische Union verkörpern sollte, dann unterzeichnen Sie jetzt für eine gerechte Pauschalreiserichtlinie. Jede Stimme zählt!
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