Gesetzesvorschlag der Bundesregierung zu Gutscheinen vom 2.4.2020
Freiwillige und insolvenzsichere Gutscheine bei Storno sind richtig! Als Reiserechtswissenschaftler fordere ich in dieser außergewöhnlichen Situation auch eine außergewöhnliche Gutschein-Lösung für alle Stornos bei Reiseunternehmen durch die Bundesregierung. Ich begrüße ausdrücklich den Beschluss der Bundesregierung insoweit eine Gutscheinreglung einzuführen. Bisher (4.4.2020) liegt allerdings nur ein Gesetzesvorschlag vor, der noch nicht rechtswirksam ist.
Die Veranstalter, die nach dem Gesetz (§ 651h BGB) alle Zahlungen auf den Reisepreis binnen 14 Tagen zurückzuzahlen müssen, haben mit den Anzahlungen andere Leistungsträger und Mitarbeiter bezahlt und damit größte Liquiditätsprobleme.
Andere EU-Staaten wie Italien oder Belgien haben die Gutschein-Lösung bereits durch Notstandsgesetze beschlossen und die Gelderstattung zeitweise „ausgesetzt“. Ich fordere, dass die Verbände der Branche nicht vor der angeblich nicht änderbaren Pauschalreiserichtlinie kuschen und bei der Bundesregierung eine temporäre Lösung nach dem Vorbild anderer EU-Staaten fordern.
Das Pauschalreiserecht ist ein Mindestrecht der Verbraucher. Man kann also bei Reiseabsagen freiwillig auf die Rückerstattung des gezahlten Reisepreises verzichten und einen Gutschein oder eine Umbuchung akzeptieren. Damit retten Sie viele Reiseveranstalter vor der Insolvenz. Seien Sie solidarisch!
Allerdings sollte der Gutschein insolvenzsicher und freiwillig sein und bis zum Ende der Verjährung drei Jahre gültig sein.
Ich fordere daher als ehemaliger Sachverständiger des Deutschen Bundestages im Gesetzgebungsverfahren eine Sonderregelung zur Rettung der wichtigen Touristikbranche wie in anderen Staaten des Europäischen Union (Italien, Belgien, Polen und Niederlande).
https://www.gazzettaufficiale.it/attiAssociati/1/?areaNode=13
Reiserechtlich ist zu beklagen, dass die Reiseveranstalter in den letzten Jahren die Höhe der Anzahlungen stetig erhöht haben. Von 10 auf 15, 20, 25% und mehr für spezielle Reisearten. Und das mit Billigung des BGH.
Von der 100% Vorauskasse der Airlines ohne Insolvenzsicherung will ich garnicht reden. Mit diesen Vorausleistungen der Kunden hat die Branche sehr sehr gut verdient.
Jetzt die Kunden – entgegen dem ZWINGENDEN Gesetz – die Erstattung zu verweigern und nicht insolvenzsichere Gutscheine über oft hunderte von Euro zwangsweise aufzudrängen, ist einfach frech und rechtswidrig.
Wie sagte die Kommissionsvizepräsidentin
Vestager zu Recht:“Der Ausgangspunkt ist, dass europäische Verbraucher ein Recht auf Erstattung haben. Punkt.“
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Ich fände es ungeheuerlich, wenn wir als 4 Reisende, die lange auf unseren Urlaub gespart haben, gezwungen werden einen Gutschein zu akzeptieren. Es geht dabei um fast 10.000 Euro und nicht um einen Gutschein im Wert von 100 € für ein Konzert. Es ist schon schlimm genug, dass sich die Reisebranche die Gesetze so zurecht legt wie es am besten passt und uns dazu zwingen will zu warten bis es das Zusatzgesetz gibt. Auch diese Unverschämtheit, einfach Einreiseverbote für die Zielländer zu ignorieren und eigene Daten festzulegen. Z.B. Kanada hat ein Einreiseverbot bis 30.06.2020 und uns teilt man mit …“wir von der Reiseindustrie haben uns abgesprochen und sehen den 8.5.20 als gültiges Enddatum für das Einreiseverbot in Kanada.
Und für solche Vereinigungen sollen wir Verständnis aufbringen?!!!
Die Reisebranche ist nicht die einzige, die sehr unter Corona leidet. Sollen wir da auch alle nochmal schnell ein paar 1000 Euro zinslosen Kredit gewähren? Egal, ob von uns 4 Reisenden auch 2 in Kurzarbeit sind?
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Auch wenn die FAZ voreilig tönt: Gutscheine sind vom Tisch!
Nein, Berlin wird eine Ausnahmeregelung für Pauschalreisen schaffen mit Freiwilligkeit, Zeitbegrenzung und Staatsfondsicherung. Was wetten wir?
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Ich betone nochmals: ein insolvenzsicherer Gutschein ist notwendig! Ich finde es ist eine Sauerei, dass die EU-Kommission sich bei Deutschland sperrt. Bei vielen anderen Staaten mit viel , viel weniger Touristik als hier, wird dagegen eine unseriöse nicht insolvenzsichere Gutschein-Lösung toleriert. Warum greift die Präsidentin der Kommission nicht ein? Der DRV hat ausnahmsweise völlig recht:
DRV drängt EU auf Gutschein-Entscheidung
Der EU-Justiz- und Verbraucherkommissar Didier Reynders hat bislang nicht den Beschluss der Bundesregierung für Gutscheine bei abgesagten Pauschalreisen reagiert. Der DRV fordert notfalls einen deutschen Alleingang.
EU-Kommissar Reynders verzögere die dringend notwendige Klarheit über die Gutschein-Regelung. Das sei inakzeptabel, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Norbert Fiebig.
Die Bundesregierung hatte am 2. April eine Regelung für die Ausgabe von Gutscheinen beschlossen. Die Bundesminister Altmaier, Lambrecht und Scholz hatten Kommissar Reynders daraufhin aufgefordert, dafür grünes Licht aus Brüssel zu geben. Für Gutscheine bei abgesagten Flügen gab es ein eigenes Schreiben an die zuständige Verkehrskommissarin Adina Valean. Reynders habe bis heute nicht auf die Forderung der deutschen Bundesregierung reagiert, so der DRV.
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Zwölf EU-Mitgliedstaaten hätten beriets „in einem Akt der Eigennothilfe nationale Regelungen beschlossen oder auf den Weg gebracht“, so der DRV. „Die Geschwindigkeit politischer Entscheidungsprozesse in Brüssel hält den dramatischen ökonomischen Zersetzungsprozessen von Reisebüros und Reiseveranstaltern nicht Stand“. Wenn viele Länder ihre jeweiligen Reiseindustrien durch nationale Gesetze schützen und andere nicht, könne man in Europa nicht mehr von fairen und vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen sprechen.
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Ich glaube Sie verkennen die Katastrophe für die Wirtschaft durch die Pandemie. Wir erleben derzeit einen Gau für den Tourismus durch den für alle unverschuldeten Virus!
Zum anderen ist der Gutschein noch nicht Gesetz. Sie können jederzeit derzeit noch die Rückzahlung einer Zahlung auf den Reisepreis fordern. Ob Ihr Veranstalter sich an die gesetzliche Rückzahlungspflicht hält, weiss ich nicht. Wenn er pleite geht, ist Ihr Geld wenigstens über die Insolvenzsicherung ihres Reisepreises abgesichert.
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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Führich,
ich frage mich als Verbraucher ob dieses neue Gesetz auch mit Europarecht in Einklang zu brigen ist. Was passiert z.B. mit der seperat abgeschlossenen Reiserücktritt/Reiseabbruchversicherung. bekommt man auch da einen Gutschein.
Oder verfällt die Versichrung. Ich denke das dieses neue Gesetz natürlich der Wirschaft nutzt, aber den Verbraucher erheblich benachteiligt.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg W.
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Leider bin ich betroffener Rentner und nicht mit Geld gesegnet. Ich finde, das es mein Geld ist, das hier zur Disposition steht. Wenn mein mühsam erspartes Geld weg ist dann vielen Dank. Leben wir in einem Lobbystaat?
Ich kann Ihre Meinung leider nicht teilen.
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Ich habe, dass vorhin schon im anderen Kommentar erklärt! Wir sind ja einer Meinung, dass ihnen nach dem Gesetz des § 651h V BGB der Geldschein und kein Gutschein zusteht! OK?
Wenn die Bundesregierung wegen der Pandemie wahlweise einen Gutschein angedacht hat, bin ich der Auffassung, dass das im Interesse des Verbrauchers nur ein von einer Versicherung oder dem Staat abgesicherter Gutschein sein darf. Da der zuständige EU-Gesetzgeber in Brüssel (Pauschalreiserecht ist Eu-Recht!) eine Gutschein-Lösung nicht akzeptiert hat, bleibt es bisher bei dem Erstattungsanspruch in Geld.
Ob der betreffende Veranstalter allerdings soviel Geld hat, bezweifle ich. Manche zahlen ja aus, manche bieten nur einen wertlosen Gutschein, den ich nicht akzeptieren würde. Dazu sollte ein Anwalt eingeschaltet werden, da solche Veranstalter nur auf Druck des Anwalts reagieren. Beste Grüße und buchen Sie bitte in nächster Zeit keine neuen Reisen, da derjenige der wissentlich in dieser Megakrise eine Pauschalreise bucht, sich nicht auf die kostenfreie Rücktrittsmöglichkeit des § 651h BGB berufen kann.
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Sehr geehrter Herr Führich!
Aufgrund Ihrer (bisherigen) Tätigkeiten könnten Sie sich solch eine Regelung als Betroffener sicher leisten.
Haben Sie bei diesem Thema schon mal an die 80+ jährigen Kunden gedacht welche Ihr erspartes z.B. in eine „letzte“ Seereise gesteckt haben und ansonsten mit einer kleinen Rente leben müssen?
Dieser Zwangskredit ist eine Enteignung! Wo fängt das an? Wo hört das auf?
Wie kulant oder solidarisch waren Reiseunternehmen wenn der Kunde durch unvorhersehbare Änderungen der eigenen Lebensumstände in der Zeit vor Corona stornieren musste?
Wohl wenig: Pech gehabt!
Interessiert es die Unternehmen wenn der „kleine Mann“ jetzt in Zahlungsschwierigkeiten kommt weil er das Geld durch die Krise zum Lebensunterhalt braucht?
Beim Vertragsabschluss gültiges Recht auf Kosten kleiner Leute einfach nachträglich ändern?
Wenn das als Richter a.D. Ihre Rechtsauffassung ist kann ich nur ungläubig den Kopf schütteln und muss mir weitere Worte hierzu aus rechtlichen Gründen verkneifen…
Mit freundlichen Grüßen aus dem Schwarzwald
Christian Sester
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Guten Abend, ich habe immer für einen freiwilligen Gutschein geworben, der insolvenzsicher sein muss und die Gelderstattung NICHT ausschließende darf! Der von der Branche geforderten Zwangsgutschein bei Pauschalreisen ist auch vom Tisch!
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